: Zentraler Organizer für das Internet-Handy
Berliner Start-up-Firma space2go.com bietet weltweit ersten Online-Terminkalender an. Alle persönlichenDaten über das eigene Mobiltelefon abrufbar. Und interaktiv werden die WAPs auch bald ■ Von Christian Krämer
Computerbranche und Mobilfunk verschmelzen zunehmend. Keine neue Erkenntnis, aber eine, die immer neue Anwendungsmöglichkeiten hervorbringt. Der so genannte WAP-Standard (Wireless Application Protocol) bringt das Internet ins Handy. Damit entfällt das bis dato nötige Anschließen eines Computers an das Handy zur Datenübertragung. Mit der Ankündigung aller Hersteller zur Einführung von WAP-Diensten auf der letztjährigen Cebit wird das Handy nun selbst zum Terminal.
Kern des Standards ist die Software-Sprache Wireless Makeup Language (WML), die die Internetsprache HTML nachbildet und auf das Format eines handelsüblichen Handydisplays bringt. So können einige, wenn auch noch lange nicht alle Internetinformationen mobil abgerufen werden. Bislang allerdings nur in reiner Textform; Bilder und Grafiken werden dagegen nicht übermittelt. Zu lange wären die Wartezeiten beim Laden, zu schlecht die Qualität der Bilder. So beschränkt sich die Auswahl zunächst auf Nachrichten verschiedener Medien, Reise- und Wetterauskünfte. Am Handy-Banking wird noch gefeilt. Ursprünglich sollten Kontostandsabfragen, Überweisungsaufträge und Aktientransaktionen schon vor dem Jahrtausendwechsel möglich werden. Nun verweisen Experten auf die zweite WAP-Generation, die womöglich schon in den nächsten Monaten auf den Markt kommen wird.
Die Interaktivität kommt mit der nächsten Generation
Für die Nutzung der WAP-Dienste sind neue, speziell ausgerüstete Handys erforderlich, die mittlerweile von allen Herstellern angeboten werden. Deren Displays sind in der Regel wesentlich größer als bei herkömmlichen Mobiltelefonen. Das neue Nokia 7110 kann beispielsweise 96 x 96 Pixel abbilden, was in etwa sechs Zeilen à 20 Zeichen entspricht. Damit ist es rund 80 Prozent größer als sein Vorgänger. Ericsson hat für die nächsten Wochen angekündigt, ein weiteres WAP-fähiges Handy auf den Markt zu bringen, das ein großes, weil aufklappbares Display haben wird.
Die Verbindungseinstellung erfolgt über den jeweiligen Provider, bei dem man sich über den Gateway, die Schnittstelle zwischen Handy und Internet, einwählen kann. Allerdings ist die Technik noch im Entwicklungsstadium, sodass es bei der reinen Informationsaufnahme bleibt. Die Interaktivität ist das Ziel der Folgegeneration, die unter Umständen bereits auf der Cebit in der letzten Februarwoche präsentiert wird.
Auch die Geschwindigkeit beim Laden der Informationen ist noch verbesserungsbedürftig. So können die WAP-Handys zur Zeit lediglich 9,6 KB pro Sekunde übertragen. Ein ISDN-Anschluss übermittelt hingegen 64 KB pro Sekunde. Eifrig feilen die Informatiker am GPRS-Standard (General Package Radio Service), einem neuen und schnelleren Übertragungsstandard, der noch in diesem Jahr das ISDN-Niveau für Handys anstrebt. Auch Bilder und Grafiken könnten dann, vorausgesetzt, das Display ist nicht zu klein, in akzeptabler Zeit transportiert werden.
Als dritte Komponente zum Mobilfunk und dem Internet fügt die Berliner Start-up-Firma space2go.com momentan Organizer hinzu. Es ist der weltweit erste WAP-Onlinedienst für persönliche Daten, Adressen und Aufgaben – das Handy als mobiler Terminkalender mit Internetzugang. Besonders an Geschäftsleute richtet sich das Angebot. Sie können alle wichtigen Daten quasi in der Hosentasche bei sich tragen und ortsungebunden auf Terminänderungen reagieren. Persönliche Daten sind somit in einem Gerät zusammengefasst, was die Arbeit effektiver macht und damit Kosten spart.
Alle persönlichen Daten auf einem individuellen Platz im Cyberspace ablegen und jederzeit mobil darauf zurückgreifen – das ist die Vision der space2go-Firmengründer Christian Huthmacher und Matthias Hirschfeld. „Das ist so, als ob man per Handy auf dem eigenen PC surft, Dateien anklickt, nach Adressen sucht und Termine koordiniert“, erklärt Huthmacher, der einen Milliardenmarkt für WAP-Geräte und Dienste prophezeit. Die entscheidende Serviceleistung ist dabei laut space2go, dass alle gängigen Anwendungen wie der Lotus Organizer oder Microsoft Outlook mittels WML problemlos in den WAP-Onlinedienst übersetzt werden. „Wir versorgen den Konsumenten mit den Informationen, die er unterwegs wirklich braucht: seinen Terminkalender, die persönliche Adressenbank, die To-do-Liste und seine E-Mails“, grenzt Huthmacher space2go von anderen WAP-Angeboten ab. Bisher lassen sich Änderungen der Daten jedoch noch nicht mit dem Handy bewältigen. Doch schon mit der nächsten Generation erwartet die Berliner Firma, dass am Handy geänderte Daten über den space2go-Onlinedienst automatisch an den Bürorechner und den heimischen PC weitergegeben, sprich aktualisiert werden.
Der Service wird noch diese Woche freigeschaltet. Die Anmeldung erfolgt über die Homepage www.space2wab.de, wo man die nötige User-ID sowie ein Passwort erhält. space2go offeriert zwei unterschiedliche Varianten: Erstens den space2go WAP als kostenfreien Service für Privatverbraucher und Geschäftsleute. Mit jedem WAP-fähigen Handy kön- nen die persönlichen Daten vom space2go-Server abgerufen werden. Es fallen allein die Verbindungsgebühren des Handys an. Die zweite Variante, der space2go PRO, ist ein Profidienst, der mit 100 MB ausreichend Kapazität zur Verfügung stellt. Dieser Service wird monatlich zwölf Mark kosten und richtet sich in erster Linie an Unternehmen. Werden mehr als 100 MB benötigt, fallen weitere Kosten an.
Zur Zielgruppe gehört jedermann, der über mehrere Geräte auf persönliche Daten zurückgreifen will, was nach Angaben von space2go auf rund fünf Prozent der Computernutzer zutrifft, immerhin zwölf Millionen Menschen weltweit. Die Firma plane mit einem Massenmarkt, so Huthmacher. Sind heute in Deutschland gerade einmal 10.000 Handys WAP-fähig, soll die Zahl bis zum Jahr 2005 weltweit auf eine Milliarde steigen. Spätestens dann wird space2go wohl schwarze Zahlen schreiben.
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