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Fehlende Leidenschaft ■ Berlin braucht neue Akzente in der Drogenpolitik
Eine einfache Lösung gibt es nicht. Die Anzahl der Drogentoten ist angestiegen, nicht nur in Berlin, sondern auch in Städten, die – anders als hier – in Sachen Drogenpolitik fortschrittlich und auf der Suche nach neuen Wegen sind. Wie in Frankfurt zum Beispiel, wo es seit Jahren so genannte Druckräume gibt, in denen Junkies unter hygienischen Bedingungen ihre Drogen nehmen können.
Ein Argument gegen Druckräume ist das freilich nicht. Höchstens eines dafür, von solchen Räumen oder dem bundesweiten Modellprojekt zur ärztlich kontrollierten Abgabe von Heroin keine Wunder zu erwarten.
Dennoch gibt es viele Gründe dafür, warum Berlin sich diesen beiden drogenpolitischen Neuerungen anschließen muss – auch und gerade im Hinblick auf diejenigen, die alljährlich an ihrer Sucht sterben.
Druckräume nehmen den Junkies den Stress, im Gebüsch oder im Hauseingang drücken zu müssen. Sie können dies unter hygienischen Bedingungen tun, was die Gefahr von Folgeerkrankungen wie Aids oder Hepatitis senkt. Wer sich eine Überdosis setzt, wird gefunden und verreckt nicht auf einem Bahnhofsklo. Mit dem bundesweiten Heroin-Modellprojekt könnten Süchtige erreicht werden, die an anderen Therapien gescheitert sind oder von dem Hilfesystem bislang gar nicht erreicht wurden. So können Leben gerettet werden. Und das ist allemal einen Versuch wert.
Berlin hat sich seit vielen Jahren aus der fortschrittlichen Drogenpolitik verabschiedet. Akzente und Vorstöße aus der Hauptstadt gibt es nicht. Die ehemalige SPD-Jugendsenatorin Ingrid Stahmer war zwar für die Beteiligung am bundesweiten Heroin-Modellprojekt, doch ihr fehlten Mut und Leidenschaft, dies auch politisch durchzusetzen – gegen den Koalitionspartner CDU sowie in der eigenen Partei.
Ihr Nachfolger Klaus Böger hat zwar die Statur und den Rückhalt in Partei und Fraktion, um politische Inhalte durchzusetzen. Ob er dies aber gerade auf dem schwierigen Feld der Drogenpolitik einsetzen wird, ist mehr als fraglich. Denn die Leidenschaft für die Drogenpolitik scheint auch ihm zu fehlen. Sabine am Orde
Interview und Bericht Seite 20
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