: Rot-Grün im Atomkonsens
Die Koalition bietet der Industrie 30 Jahre Laufzeit pro AKW plus drei Jahre Übergangsfrist für alte Kraftwerke. Verordnung soll Abschalten bis 2002 regeln ■ Von J. Voges und H. Koch
Hannover (taz) – Die Gespräche über ein Auslaufen der Atomstromproduktion zwischen Bundesregierung und AKW-Betreibern sollen in zwei Wochen wieder aufgenommen werden. Bundeskanzler Gerhard Schröder werde am 4. Februar zunächst mit den Vorstandsvorsitzenden der vier großen Energieversorger ein Gespräch führen, in dem es um die grundsätzliche Bereitschaft zu einem Konsens über den Atomausstieg gehen solle, sagte Bundesumweltminister Jürgen Trittin gestern nach einer Runde über den Ausstieg im Bundeskanzleramt.
An dem Treffen bei Schröder nahmen neben dem Umwelt- auch der Außen- und der Innenminister sowie die Justizministerin teil. Die Ministerrunde einigte sich nach Angaben von Trittin darauf, die Gesamtbetriebsdauer der bundesdeutschen Atomkraftwerke auf 30 Jahre gesetzlich zu befristen. „Über eine Restlaufzeit von 30 Jahren plus einer Übergangsfrist für die beiden ältesten Reaktoren von drei Jahren“ seien sich die Gesprächsteilnehmer einig gewesen, sagte der Umweltminister.
Nach Informationen der taz wird angepeilt, in einer Verordnung zum Ausstiegsgesetz festzulegen, dass die Energiekonzerne einige Reaktoren noch in dieser Legislaturperiode abschalten. Das Gesetz soll keiner Zustimmung des Bundesrates bedürfen, um eine Blockade durch Bayern oder CDU-Länder auszuschließen.
Wann die Konsensverhandlungen in großer Runde, unter Beteiligung von Trittin selbst, von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller und Kanzleramtsminister Frank-Walter Steinmeier, wieder aufgenommen werden, will die Bundesregierung erst nach dem Gespräch am 4. Februar entscheiden. Das erste Treffen Schröders mit den vier Vorstandsvorsitzenden ist demnach als eine Art Sondierungsgespräch anzusehen.
Laut Trittin war sich die gestrige Runde bei Schröder auch über die Fragen der Atommüllentsorgung weitgehend einig. Sowohl er selbst als auch Bundeswirtschaftsminister Werner Müller hätten betont, dass es vor dem Jahr 2025 keinen Bedarf für ein atomares Endlager in Deutschland gebe. Auch über das Moratorium für das Endlager Gorleben bestehe in der Bundesregierung Konsens. Wie eine Lösung für das geplante Endlager Schacht Konrad aussehen könnte, ist noch unklar.
Die Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennelementen im Ausland soll nach Angaben des Bundesumweltministers mit der Inbetriebnahme standortnaher Zwischenlager endgültig beendet werden. Die Wiederaufarbeitung werde aus ökonomischen Gründen ohnehin nicht fortgesetzt werden, sagte der Bundesumweltminister. Bis zur Inbetriebnahme der standortnahen Zwischenlager würden die Betreiber dem Grundsatz der Transportminimierung folgen.
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