: Kabel bröseln, Kontakte putzen
Pfusch am Bau in Uniklinik Eppendorf: Marode Leitungen gefährden Personal, Patienten und Betriebssicherheit ■ Von Kai von Appen
Der Neubau Neurochirurgie der Uniklinik Eppendorf (UKE) ist noch nicht einmal ein Jahr in Betrieb, schon ist eine umfangreiche Sanierung notwendig. Beim Umbau des Gebäudes sind Elektrokabel verlegt worden, aus deren Isolierung gesundheitsschädliche PVC-Weichmacher entweichen. Das bestätigt UKE-Sprecher Norbert Jankowski: „Die Kabel gasen, tropfen und bröseln.“
62 Millionen Mark investierte die Wissenschaftsbehörde in den Klinikumbau. Allein sechs Millionen Mark kostete die Anschaffung von Röntgen- und Computertomographen, um die Neurochirugie auf den neuesten Stand zu bringen. Und weil angeblich nur Siemens über das notwendige Know-how verfügte, wurden diese Geräte entgegen den Richtlinien nicht nach einer Ausschreibung, sondern vom UKE direkt durch „Freihandvergabe“ bei Siemens geordert.
Doch kaum war die Installation der Geräte durch einen Siemens-Subunternehmer abgeschlossen, begannen die Ummantelungen der Leitungen sich aufzulösen. Seither tropft eine gasende Flüssigkeit aus Kabelschächten. Personal und Patienten klagen immer häufiger über Kopfschmerzen und Schwindel. Um technische Schäden an Kontakten und Verbindungen in den Verteilerkästen zu verhindern, sind inzwischen die Leitungsenden notdürftig mit „Strumpfschläuchen“ versehen worden.
„Das Gefahrenpotiential ist seit mehreren Wochen dem ,Direktor Betrieb' bekannnt“, wettert die Betriebszeitung „brisant“ der Gewerkschaft ÖTV. Dennoch liegen dem Personalrat noch keine Gutachten über die giftigen Stoffe vor. „Messungen haben ergeben, dass keinerlei Gefährdung für das Personal besteht“, beteuert hingegen der Kaufmännische Direktor Dr. Behrend Behrends.
Aber nicht nur die Gesundheitsgefährdung des Personals ist besorgniserregend. Da die austretende Flüssigkeit isolierenden Charakter hat, so Experten, könnten wegen verschmutzter Kontakte technische Defekte auftreten und bei Stromausfällen die automatische Umschaltung auf Notstromaggregate nicht funktionieren. Bei Operationen könnte das verheerende Folgen haben. Daher sind Mitarbeiter derzeit damit beschäftigt, die Kontakte in den Verteilern stets „zu putzen“.
Unklar ist derzeit, was passieren soll. „Das wissen wir selber noch nicht“, so Behrends. „Wir halten uns an Siemens, die sind aber auch ratlos.“ Vermutlich kommt es daher zu einem Beweissicherungsverfahren. Behrends: „Im schlimmsten Fall müssen alle Kabel neu verlegt werden, das wäre dann der Super-gau.“
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