Deutsche Bahn am Pranger

Staatsanwaltschaft: ICE-Unglück von Eschede Folge von Versäumnissen von Bahnmitarbeitern

Lüneburg (taz) – Nach Abschluss ihrer Ermittlungen zur ICE-Katastrophe von Eschede hat die Staatsanwaltschaft Lüneburg schwerwiegende Vorwürfe gegen die Bahn erhoben: Der Radreifen des Unglückszuges sei bei zu hoher Beanspruchung gebrochen, weil der Typ vor seiner Einführung 1992 nicht ausreichend geprüft und der Grenzwert für die Nutzung „nicht nachvollziehbar festgelegt“ worden sei, sagte Oberstaatsanwalt Jürgen Wigger gestern. Er hoffe, Ende März Verfahren gegen konkrete Beschuldigte einleiten zu können. Das Zugunglück am 3. Juni 1998 hatte 101 Menschen das Leben gekostet.

„Wir haben einen konkreten Personenkreis im Auge“, sagte Wigger: Mitarbeiter des ehemaligen Eisenbahn-Zentralamtes in Minden sowie der damaligen Bundesbahn. Der Hersteller der Radreifen, die VSG in Bochum, spiele eine „nachrangige Rolle“. Noch stehen die Schriftfassungen zweier Gutachten zu Wagen und Strecke aus. Wigger erwartet von ihnen aber keine „verfahrensrelevanten Ergebnisse“ mehr.

Die Deutsche Bahn AG geht nicht von „vorwerfbaren Versäumnissen“ der eigenen Mitarbeiter aus. Das Gutachten könne „lediglich als die Äußerung einer gutachterlichen Meinung, keinesfalls jedoch als gesicherte Erkenntnis betrachtet werden“, hieß es gestern.

Eine Wiederholung des Unglücks bräuchten Kunden nicht zu befürchten: Räder der Bauart, die zu dem Unglück geführt hätten, seien nach dem Unfall aus dem Verkehr genommen worden.

Wirtschaft und Umwelt Seite 8