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Damit das Geld im Lande bleibt

Eine „pfiffige Marketingidee“ rund um die NS-Entschädigung

Jahrelang haben deutsche Unternehmen um ihre Verantwortung für die ehemaligen NS-Zwangsarbeiter „ringen“ müssen: ein ebenso peinigendes wie peinliches Gewürge, über das die betroffenen Opfer alt geworden, viele von ihnen verstorben sind. Erst vor vier Wochen hat man sich, wenn auch nach einem erneut sehr unwürdigen Aufbäumen und Geziere, zumindest grundsätzlich mit den Opferanwälten geeinigt. Und offenbar ist die deutsche Wirtschaft nun bereit zu zahlen: fünf Milliarden (also immerhin knapp die Hälfte ihrer Portokasse) fallen so endlich der Verantwortung anheim, der sie sich so lange und erfolgreich entzogen.

Trotz dieser beschämend niedrigen Summe dürfte es manch einem der betroffenen Manager schwer geworden sein ums Herz. Denn jetzt geht es ja unwiederbringlich dahin, das schöne Geld: nach Polen, Israel, Tschechien, Russland, in die Ukraine, in die USA usw.; wenn es doch wenigstens im eigenen Lande bliebe ...

Eben dieser Stoßseufzer stand bei einer Idee der wirtschaftsnahen Stuttgarter Hans-Zarkoff-Stiftung Pate: „Damit das Geld im Lande bleibt“. Unter diesem Motto stellten die Stiftungsmitarbeiter die Produkte zahlreicher deutscher Unternehmen aus den Bereichen Konsum- und Haushaltsgüter sowie Lebensmittel- und Toilettenartikel zu einem Warenkorb zusammen, der vor allem den Bedürfnissen ehemaliger Zwangsarbeiter gerecht zu werden versucht. Bunt bebildert und in den wichtigsten NS-Opfersprachen verfasst, hat man diesen Warenkorb in einer Art Versandhauskatalog dokumentiert. Dieser soll dann künftig, so jedenfalls der Vorschlag der Stuttgarter, automatisch jedem zugehen, der eine Entschädigungszahlung aus dem deutschen Opferfonds erhält.

Die Absicht dieser „pfiffigen Marketingidee“, wie die Stuttgarter ihr Konzept selbst loben, ist klar. Vom Geld gleichermaßen beseelt wie vom reichhaltigen Katalogangebot, sollen „die Damen und Herren Zwangsarbeiter“, wie sie im Editorial des Katalogs angesprochen werden, ihre Entschädigung bestenfalls gleich wieder „für all die schönen und nützlichen Dinge aus Deutschland“ ausgeben. Ein unkompliziertes Bestellverfahren soll die Kaufentscheidung erleichtern. Geliefert werden könnte weltweit und frei Haus; eine – bislang ungenannte – süddeutsche Spedition habe bereits „großes Interesse“ an einem solchen Auftrag bekundet.

Bei der Hans-Zarkoff-Stiftung ist man jedenfalls davon überzeugt, dass auf diese Weise „ein erklecklicher Teil der Entschädigungssumme“ wieder zurück nach Deutschland fließen würde. Vom Treppenlift über die Inkontinenz-Windel bis hin zur „frisurschonenden Duschhaube“ bietet der Katalog denn auch „praktisch alles, was alte und gebrechliche Menschen so brauchen“; das gilt für magenschonende Lebensmittel wie die 500g-Packung coffeinfreien Kaffees oder das Fertiggericht „Hühnerfrikassee“ ebenso wie für typische Toilettenartikel, wie etwa den Hornhautraspler, das angefeuchtete Klopapier oder den Gebissreiniger. Auch eine elektrische Rheumaheizdecke gehört zum Angebot und wird der potentiellen Kundschaft so angepriesen: „Wer, wie Sie, über mehrere Monate oder gar Jahre in der zugigen Baracke eines deutschen Arbeitslagers leben musste, wird heute die Vorteile der kuscheligen Rheumaheizdecke ‚Fühlwohla‘ sicherlich zu schätzen wissen.“

Neben alterstypischen Medikamenten wie biologischen Verdauungstreibern, chemischen Antidepressiva oder bunten Herz-Kreislauf-Pillen gehören aber auch ein Oberkörperbräuner, ein Trimm-dich-Gerät für Senioren und eine Waschmaschine zum Angebot – letztere übrigens ein Toplader, da, so die Kundenansprache hier „gerade Sie sich in Ihrem arbeitsreichen Leben ja oft genug krumm machen mussten“. Fritz Tietz

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