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Fröhliche Musikwissenschaft

■ Schlau-unterhaltsam: Das Trio des New Yorker Pianisten Uri Caine gastierte im KITO

Schon mal „Buffy“ gesehen? Neben der Auswahl der richtigen Klamotten und Colleges gilt die Aufmerksamkeit der 16-Jährigen in dieser Fernsehserie dem Dasein als „Vampire Slayer“. Eine Serie für Teenies, die das Genre aushöhlt. Nicht, um es der Lächerlichkeit preiszugeben, sondern um es in sich selbst zu spiegeln.

Gäbe es in Sunnydale, der fiktiven amerikanischen Provinzstadt, wo „Buffy“ spielt, einen Jazzclub, man könnte sich persönlich davon überzeugen, dass Jazz dort vornehmlich unterhaltend wäre und so gespielt würde, wie es der Pianist Uri Caine zu tun pflegt. Was sich auf der Bühne zwischen ihm und seinen beiden Begleitern abspielt, ist ein Flirt zwischen Piano, Bass und Drums, zugleich eine kurzweilige Auseinandersetzung mit dem klassischen Genre des Pianotrios.

In seinen Wagner- und Mahlerprojekten hat Caine gezeigt, wie die Rechnung mit dem vielgescholtenen Crossover doch aufgehen kann. „Archäologisch“, aber nie kleinkrämerisch, auch in den schrägsten Rekontextualisierungen von der Liebe des Archivars zum Gegenstand getragen. „Blue Wail“, das Caine mit der Besetzung einspielte, die nun auch im Vegesacker KITO zu hören war, schien etwas schwächer. Doch Drew Gress am Bass und der aufgedrehte Drummer Ralph Peterson wissen uns eines Besseren zu belehren.

Gress, ständiger Sideman in der New Yorker Szene um John Zorn und Dave Douglas, kann sich fast unbemerkt in jegliches Konzept einfügen und -fühlen, ohne den eigenen Sound zu vernachlässigen. So streicht er zu Beginn des zweiten und insgesamt freieren Sets zu einer Bachadaption irgendwann ins Chaos ein fiktives basso continuo.

Auch Mahlers Thema aus den „Liedern eines fahrenden Gesellen“ kommt vor. Klingt fast wie ein Jazzstandard. Derart verlängert Caine das Repertoire des Jazz zeitlich nach hinten, bis hinein in die Spätromantik.

Überhaupt zeigt seine „unhistorische“ Herangehensweise, wie wenig es um Lektionen geht. Monkisches steht neben langausklingenden Akkorden, wie man sie aus Prokofiews späten Sonaten kennt. Oder eine impressionistisch verspielte Passage gleitet über in eine trockene Hardbop-Figur auf Petersons Ridebecken, um dann wieder von einem FreeFunk-Beat ein paar Takte mitgenommen zu werden. Peterson überrascht nicht nur durch zahlreiche Brüche innerhalb des oft aufgeregten Getrommels, sondern mehr noch in den zwei Stücken, da er seiner Trompete brüchig-schöne Töne entlockt.

Das Trio spielt so gegen unsere Erwartungshaltung oder genauer: mit ihr. So wird das Ragtime-Intro des zweiten Stücks vom Shuffle der Besen übernommen, um dann mit einem kräftigen Beckenabschlag in etwas ganz anderers transformiert zu werden: In eine Free-Jazz-Passage, die den Weg findet zurück zum Swing, um schließlich in einer kurzen, aber feinen Improvisation zu enden.

Irgendwann gegen Ende spielt Caine in ein leises, lyrisches Intro ein paar Töne aus dem Bonanza-Thema ein, spontan, wie es scheint. Und Peterson, der am rechten Bühnenrand an seinem Trompetenkoffer herumfingert, will sich vor Lachen ausschütten, findet dann aber doch die Ruhe, eine Reihe wunderschöner Blue Notes ins Mikro zu hauchen.

Bis auf einige überflüssige Schlagzeugsoli ist am Parforceritt des Trios nichts auszusetzen. Trotz aller Spiegelungen und Brüche: ein schönes Triokonzert.

Tim Schomacker

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