: Transrapid sanft entschwebt
Nach dem Aus für die Magnetbahn wollen Landesregierungen das Geld im Norden halten. Bürgermeister Runde für neue ICE-Strecke ■ Von Gernot Knödler
Der Transrapid ist noch nicht kalt, und schon hat das Gezerre um sein Erbe begonnen. Hamburgs Erster Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) verlangt, mit den gesparten sechs Milliarden Mark müsse unverzüglich eine neue ICE-Stre-cke zwischen Hamburg und Berlin gebaut werden. Die Handelskammer rächt sich an den Transrapidgegnern mit dem Ansinnen, die A24 auf sechs Spuren zu erweitern. Die MinisterpräsidentInnen der norddeutschen Länder fordern, jetzt müsse der Bund die vernachlässigte Infrastruktur ausbauen.
Bei den Naturschutzverbänden und Bürgerinitiativen dagegen knallen die Sektkorken. Das schleswig-holsteinische Bündnis „Stoppt Transrapid“ feiert gestern in Schwarzenbek den Erfolg seiner achtjährigen Anstrengungen. Und dort verkündet selbst die SPD: „Dies ist ein glücklicher Tag für den Kreis Stormarn.“ Endlich hätten sich die Erkenntnisse auf höherer Ebene durchgesetzt, die vor Ort schon lange klar gewesen seien.
Ortwin Runde dagegen reagiert enttäuscht. Die Entscheidung sei ein „schwerer Schlag für die beiden Metropolen und ganz Norddeutschland“. Durch die Verbindung der beiden größten deutschen Städte im S-Bahn-Takt wäre eine Metropolenregion mit fast zehn Millionen Einwohnern entstanden. Wirtschaftsvertreter hatten mit der Hoffnung auf bis zu 4,5 Milliarden Mark an zusätzlicher Wertschöpfung geworben.
Fahrgast-Prognosen, die wiederholt nach unten korrigiert worden waren und wachsender Subventionsbedarf hatten ein Ende der Schwebebahn erahnen lassen. Der Transrapid habe „schon seit langem eine Zombie-Existenz geführt“, sagt Hamburgs Umweltsenator Alexander Porschke (GAL).
Die Kieler Regierungschefin Heide Simonis (SPD) plädiert wie Porschke dafür, möglichst schnell eine ICE-Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Hamburg und Berlin herzustellen. Zudem müsse die Bahnstrecke Lübeck-Hamburg elektrifiziert werden.
„Richtig froh“ ist die Vorsitzende des Umweltausschusses der Bürgerschaft, Renate Vogel (SPD). Hamburg und Berlin mit Hochgeschwindigkeitszügen zu vernetzen, gehe „ganz schnell“, wenn man es denn nur wolle.
Verkehrssenator Eugen Wagner (SPD) bedauert das Aus für den Transrapid und verlangt: „Als Sofortmaßnahme muss jetzt die bestehende Strecke für Geschwindigkeiten ausgebaut werden, die Fahrzeiten von etwa 90 Minuten ermöglichen.“ Gleichzeitig sollten die Planungen für eine weitere Hochgeschwindigkeitsstrecke begonnen und die Güterzugverbindungen nach Mittel- und Osteuropa verbessert werden.
Während der rote Senator die Kapazitätsgrenze für bald erreicht hält, sind sie für den CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Bernd Reinert schon jetzt erreicht: „Die vorhandenen Schienenverbindungen sind heute schon an der Kapazitätsgrenze angelangt. Wenn man Verkehr von der Straße auf die Schiene bringen will, braucht man also zusätzliche Gleise.“
Manfred Prügel vom Hamburger Naturschutzbund Nabu hält das allerdings für eine „absolute Falschmeldung“. Eine Vervierfachung des Güterverkehrs auf den vorhandenen Strecken sei ohne Probleme machbar. Das glaubt auch Ulrich Seibt, der Sprecher der Ini „Stoppt Transrapid“. Und für den Fall der Fälle: „Wenn man das machen will, dann gibt es genügend Nebenstre-cken, die man ausbauen kann“.
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