Acht Monate nach Kriegsende herrscht im Kosovo kein Frieden
: Voraussehbare Eskalation

Es ist wirklich bedauerlich: Die internationale Gemeinschaft ist offenen Auges in einen Konflikt hineingeschlittert, der die großen politischen Konzepte zum Wiederaufbau des Kosovo zerstören kann. Warnungen, man könne die Teilung der Stadt Kosvoska-Mitrovica nicht zulassen, wurden schon im Juni 1999 in den Wind geschlagen. Und jetzt, wo die Auseinandersetzungen zwischen Albanern und Serben erneut aufflammen, fällt der UN-Verwaltung nichts anderes ein, als mehr KFOR-Soldaten zu schicken.

Die Dinge sind jetzt tatsächlich komplizierter geworden. Einerseits haben die Nato-Staaten und die Vereinten Nationen in der Resolution 1244 des Weltsicherheitsrates versprochen, dass demokratische Rechte im Kosovo verbürgt seien, dass jeder Vertriebene heimkehren dürfe, dass die Sicherheit der Bürger gleich welcher Nationalität gesichert sei. Andererseits ist es trotz eines riesigen Aufgebotes an Soldaten, Polizisten und internationalen Diplomaten nicht gelungen, die Vertreibung von Serben und Roma aus dem Kosovo zu verhindern. Auch die Heimkehrgarantie für die Albaner wurde nicht eingehalten – im Gegenteil, man hat sogar die Bildung ethnisch reiner Gebiete zugelassen. Es stellt sich immer mehr heraus, dass die Resolution 1244, die das Kosovo einerseits als Teil Serbiens behandelt, andererseits aber faktisch ein internationales Protektorat zur Folge hat, unbrauchbar ist, eine friedliche Zukunft für die Provinz zu entwickeln.

Klar erkennbar war schon im letzten Sommer, dass in der geteilten Stadt Kosovska-Mitrovica, die Konflikte kulminieren würden. Als sich die französischen Truppen sogar weigerten, „ihren“ Sektor Kosovos zu besetzen und den Serben ein „befreites Gebiet“ mit direkter Verbindung nach Serbien überließen, wurde selbst gegen die Resolution 1244 verstoßen. Dass hier zudem die Franzosen in den Verdacht gerieten, im Kolonialherrenstil eigene ökonomische Interessen zu vertreten – der bedeutsame Minenkomplex Trepca soll einem französisch-serbischen Joint Venture gehören – gießt weiteres Öl auf das ohnehin schwelende Feuer.

Die Albaner bestehen darauf, dass Kosovo nicht geteilt wird. Die Serben wollen gerade dies erreichen. Beide Seiten fühlen sich im Recht, weil die internationale Politik den endgültigen Status des Kosovo offen gelassen hat. Man muss kein Prophet sein um vorauszusehen, dass sich ohne eine Klärung dieser Frage die Auseinandersetzungen weiter zuspitzen werden. Erich Rathfelder