Besessenheit einer anderen Welt

■ Mischmasch, der schmeckt: Willy Schwarz demonstrierte am Montag im Knust, wie Eklektizismus abseits von Multikulti geht

Kurzer Ausflug in eine Parallelwelt, dorthin, wo Dinge funktionieren, die es in der uns bekannten Welt gar nicht geben kann. So hat die Erfahrung gezeigt, dass man nicht einfach charakteristische Elemente aus unterschiedlichen lokalen Musiktraditionen miteinander verrühren kann, um dann ein Gebräu zu erhalten, das die Kraft und den Inhalt aller Ingredienzien in sich trägt.

In einer anderen Welt jedoch gibt es Willy Schwarz, seines Zeichens Musik-Ethnologe aus Chicago, der es in seiner Besessenheit gut mit Ry Cooder aufnehmen kann und in dessen Musik Merkmale bulgarischer, indischer und anglo-amerikanischer Stile übereinandergelegt werden und ein multi-dimensionales Neues ergeben. So weit, so verblüffend. Fünf Leute und rund zwanzig Instrumente versammelten sich auf der Knustbühne am Montag. Schwarz selber sang und stellte das Akkordeon für gelegentliche Griffe in sein unbenennbares indisches Instrumentarium ab. In der Mitte der Bühne saß ein ernst und konzentriert blickender indischer Geiger im Schneidersitz, rechts ein ebenfalls aus Indien stammender Schlagzeuger und Tabla-Spieler, die hintere Bühnenhälfte okkupierten schließlich ein Multi-Bläser (Klarinette, Sopran-Saxophon, verschiedene Flöten) und ein deutscher Kontrabassist und Gitarrist.

Das mag nach Multikulti-Klischee klingen, aber ihre Verschiedenartigkeit und ihre folkloristische Konnotation waren nur zwei Merkmale der atemberaubenden Musik an diesem Abend. Schwarz ließ in den Arrangements seiner im Kern popsongartig eingängigen Stücke neben streng durchkomponierten notierten Passagen viel Platz für Improvisation. Und so mag man sich ausmalen, wie diese frisch für die Tour zusammengestellte Band erstmal klingt, wenn sie richtig eingespielt ist; doch schon jetzt zeigte jeder der fünf Musiker nicht nur individuell seine Meisterschaft, sondern hörte auch zu jedem Zeitpunkt mit größtem Interesse auf die Töne der Kollegen: ein kollektivistisches Musikerlebnis, zu dem auch so manche Jazz-Formation aufblicken muss. Detlef Diederichsen