: Der Kontrakt des Kalligrafen
■ Filmischer Fußnoten-Fetischist und selbsreflexiver Kunstfilmer: Das B-Movie zeigt eine ausgesuchte Reihe mit Filmen des britischen Kino-Solipsisten Peter Greenaway
An dem britischen Regisseur Peter Greenaway scheiden sich bekanntlich die Geis-ter – für die einen ist er ein brillianter Filmemacher, der es geschickt versteht, seine Filme mit Zitaten aus Malerei und Literatur zu Kunstwerken zu stilisieren, andere bezeichnen ihn deswegen als „intellektuellen Exhibitionisten“ und „Fußnoten-Fetischisten“.
Den Anfang der B-Movie-Reihe machte Der Kontrakt des Zeichners (1982), ein Krimi im barocken Dekor, der in den Gärten des Anwesens von Mr. Herbert spielt. Ihn soll der Landschaftsmaler Neville in 12 Zeichnungen porträtieren, der laut Kontrakt nebst Entgelt auch die Gattin zur freien Verfügung gestellt bekommt. Der Auftrag gestaltet sich als geschicktes Vexierspiel, dem auch Neville zum Opfer fällt, als er unbeabsichtigt auf seinen Bildern Hinweise auf den Mord an Mr. Herbert festhält – Antonionis Blow Up lässt grüssen.
Diese Woche folgt Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber (1989), bei seiner Uraufführung in Venedig ein Eklat, doch bislang Greenaways kommerziell erfolgreichster Film. Vordergründig ein Film über Nahrungszubereitung, ist Der Koch... mit seinem brutal-kannibalistischen Ende genauso eine Allegorie auf den Thatcherismus der 80er Jahre: fressen und gefressen werden. Einen Augenschmaus bietet der Film allein durch seine strenge Farbkodierung und die von Jean-Paul Gaultier angefertigten Kostüme. Prosperos Bücher (1991) nach Shakespeares The Tempest zeigt Greenaway auf dem Höhepunkt seiner künstlerischen Möglichkeiten. Unter Verwendung von digitaler Schnitttechnik und Paintbox montiert er das Bild ins Bild – als spielte die Greenawaysche Bildkomposition nicht schon genug mit Vordergrund/Hintergrund. Die im Mittelpunkt stehenden Bücher wirken so dreidimensional und bekommen ein Eigenleben in dieser zitatgesättigten Bilderorgie.
Als letzter Film ist Die Bettlektüre (1996) angekündigt, Greenaways cineastischer Ausflug nach Hongkong und in die alte Schriftkunst der Kalligraphie. Nagiko, geprägt durch das Ritual des Beschreibens durch ihren Vater, einen Kalligraphen, führt nach dessen Tod seine Kunst weiter, indem sie sich ihre sexuelle Lust auf den Körpern anderer erschreibt. In Jerôme (gespielt von Ewan McGregor), dem Liebhaber eines Verlegers, findet sie die erotische Erfüllung: Er ist gleichzeitig ein guter Liebhaber und ein guter Kalligraf. Nach seinem Tod macht sie einen Tausch mit dem Verleger, der sich aus der beschriebenen Haut Jerômes ein „Pillowbook“ anfertigen lässt. Nagiko möchte es gegen 13 Bücher, die sie auf junge Männerkörper schreibt, eintauschen. Jeweils Samstags als Vorfilm läuft M is for Man, Music, Mozart, Greenaways Beitrag zu Mozarts 200. Todestag.
Alexandra Obradovic
Der Koch, der Dieb ...: Do, 10.2. + Sa, 12.2. + So, 13.2. Prosperos Bücher: Do, 17.2 + Sa, 19.2. + So 13.2. Die Bettlektüre: Do, 24.2 + Sa, 26.2. + So, 27.2.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen