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Rosa – Es ist ein Mädchen

Nachrichten für die Top-Entscheider: „Financial Times Deutschland“ startet  ■ Von Peter Ahrens

Die Umgebung hätte nicht besser gewählt werden können: Blankenese, Elbchaussee, das Nobel- restaurant Louis Jacob. In dieser Gegend wohnen die, die die Financial Times Deutschland lesen sollen. Die von Geschäftsführer Michael Rzesnitzek als „Top-Entscheider, die führenden Kräfte und die nachwachsende Entscheider-Generation“ bezeichnet werden. Die, für die Chefredakteur Andrew Gowers im Wochenendjournal der rosafarbenen Wirtschafts-Tageszeitung eine Ecke reserviert hat zum Thema: „Wie man Luxus ein bisschen genießen kann“. Die Financial Times soll die Zeitung für genau die Info-Elite werden, die der Focus gerne hätte. Am kommenden Montag gibt es die Startausgabe, gestern wurde das Blatt erstmals vorgestellt.

Es ist die erste Neugründung einer deutschen Tageszeitung seit der taz vor über 20 Jahren – generalstabsmäßig geplant vom Hamburger Gruner+Jahr-Verlag und seinem britischen Partner, der Pearson-Group. Das Zeitungsformat ist extra so bemessen, dass es „fliegerfreundlich“ ist. Seit Wochen produzieren 130 Redakteure, 70 davon im Stammsitz am Baumwall, bereits täglich eine Zeitung, so als hätten sie bereits die mindestens 50.000 Leser, die ab Montag mit der garantierten Startauflage angepeilt werden.

Von Einschwören, vom Zusammenschweißen ist viel die Rede – der Eindruck einer Familie, hemdsärmelig und nur das eine Ziel einer „qualitativ hochwertigen Zeitung“ vor Augen, soll aufkommen. Alle duzen sich, bis hinauf zum Chef. All das überspielt den gewaltigen Druck, unter dem Gowers und sein Team stehen. Die Zeitung muss ein Erfolg werden, G+J und Pearson haben schließlich Unsummen investiert, um das Blatt aus der Taufe zu heben. Irgendwo „unter 300 Millionen Mark“ liegt die Summe. Die ersten vier Jahre hat man als Verlustjahre schon abgeschrieben. Danach will man in die schwarzen Zahlen kommen. Der Wettbewerb ist hart, schon im Vorfeld des FT-Starts haben fast alle überregionalen Tageszeitungen ihre Wirtschaftsberichterstattung ausgeweitet.

Warum Deutschland diese Zeitung braucht, wird Gowers gefragt. Eine Frage, auf die der Brite, der vom englischen Mutterblatt abgestellt wurde, nur gewartet hat. Sie gibt ihm Gelegenheit, von der Verzahnung zwischen Zeitung und Internet-Auftritt zu reden, davon, täglich mindestens eine Exklusivgeschichte im Blatt zu haben, von den „18 Informations-Elementen auf der Titelseite“. Wo das Blatt politisch stehe? „Parteipolitisch nirgendwo, aber wir sind natürlich für den freien Welthandel.“

All das sollen die lesen, „die zur Not nur fünf Minuten Zeit für die Lektüre haben“, und die vor allem Geld haben. Der Geschäftsführer hat die „Lesergruppen im Auge, die auch im privaten Bereich kaufkräftig Entscheidungen fällen“, und Gruner+Jahr-Zeitungsvorstand Bernd Kundrun macht klar: „Wir reden hier nicht von einem Massenblatt.“

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