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KommentarDrohende Eskalation ■ Schusswechsel gefährdet Frieden im Kosovo

Es waren nicht die ersten Schüsse, die von den internationalen Friedenstruppen auf Albaner abgefeuert worden sind. Vorfälle, bei denen der Einsatz von Waffen notwendig war, gab es schon viele. Aber anders als in anderen Gebieten markieren die Verwundeten und Toten von Kosovska-Mitrovica einen tiefen Einschnitt im Verhältnis zwischen den internationalen Truppen und der albanischen Bevölkerung. Die umjubelten „Befreier“ vom letzten Sommer sind zumindest in dieser Stadt zu „Besatzern“ geworden.

Der Rechtfertigung für den Einsatz der Waffen – man könne keine albanischen Scharfschützen dulden, die KFOR-Truppen seien zuerst beschossen worden – ist sicherlich nicht aus der Luft gegriffen. Wenn aber nicht mehr gefragt wird, warum es zu dieser Eskalation gekommen ist, werden die internationalen Truppen nur tiefer in diesen Kampf verstrickt. Dann gibt es nur noch die Frage, wann die ersten „Zinksärge“ in den Hauptstädten der Nato-Länder eintreffen werden.

Man muss jetzt schleunigst die Lage entschärfen und in einen Dialog mit der Bevölkerung eintreten. Die Voraussetzungen dafür sind denkbar schlecht geworden. Und dies hat vor allem mit dem Auftreten der französischen Militärs zu tun. Schon dass die Franzosen darauf verzichteten, „ihren“ Sektor auch wirklich zu besetzen, hat Kritik herausgefordert. Indem den Serben der Nordteil der Stadt und die Randgebiete zu Serbien „überlassen“ wurden, ist das Problem Kosovska-Mitrovica entstanden. Das Versprechen der westlichen Politiker, alle Flüchtlinge könnten zurückkehren, wurde deshalb nicht erfüllt. Die gesamte Nato und die UN-Strategie für die Befriedung des Landes wurden in Mitrovica ausgehebelt. Mit dem Konflikt in Mitrovica wurde auch in anderen Gebieten des Kosovo der Nationalitätenkampf verstärkt. Statt Zeichen für eine friedliche Entwicklung zu setzen, wurde ein Brand geschürt. Dies wird verstärkt durch die Gerüchte, hinter dem Verhalten der französischen Truppe stecke eine Absprache mit Milošević. Es ist an der Zeit, nicht nur andere KFOR-Truppen nach Mitrovica zu schicken, sondern einen politischen Ausweg aufzuzeigen. Und der kann nur in dem Versprechen liegen, das Kosovo ungeteilt zu lassen. Die KFOR muss ganz Kosovo kontrollieren, alle Seiten entwaffnen. Tote hat es schon genug gegeben. Erich Rathfelder

Bericht Seite 5

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