: Ohne Rauch wäre Rauchen gesünder
Ärzte am Universitätskrankenhaus Eppendorf haben erforscht, wie Zigarettenqualm die Gefäße dicht macht. Herzinfarktgefährdet sind auch bereits 30-Jährige ■ Von Sandra Wilsdorf
Gesucht wird: eine Zigarette ohne Rauch. Die wäre nämlich weniger schädlich als eine herkömmliche Zigarette. „Nikotin macht nur abhängig“, sagt Professor Thomas Meinertz, Direktor der Abteilung Kardiologie der medizinischen Klinik des Universitätskrankenhauses Eppendorf (UKE). Substanzen im Rauch hingegen wären für Gefäßverkalkung und damit für den Herzinfarkt mitverantwortlich. Die UKE-Kardiologen Dr. Thomas Heitzer und Dr. Thomas Münzel haben einen Mechanismus aufgedeckt, der erklärt, wie Rauchen den Blutgefäßen schadet.
Die Wände gesunder Blutgefäße geben Stickstoffmonoxid ab. Das bewirkt, dass die Zellen sich ausdehnen, verhindert, dass Blutplättchen verklumpen und sorgt so dafür, dass das Blut ungehindert fließen kann. Zigarettenrauch aber enthält Substanzen, die das Stickstoffmonoxid an sich binden und so von der Arbeit abhalten. Die Gefäße werden enger, das Blut kann nicht mehr so gut, im schlimmsten Falle gar nicht mehr fließen.
Eben dieser Rauch macht auch Passivrauchen so schädlich. „Es kann sein, dass Kinder schwere Gefäßschädigungen haben, weil ihre Eltern rauchen“, sagt Meinertz. Diese Schädigungen „können aber wieder zurückgehen“.
Heitzers und Münzels Erkenntnisse haben vielleicht therapeutische Bedeutung. Ein Medikament könnte möglicherweise die Fehlfunktionen und damit den Prozess der Verkalkung stoppen. Nichtrauchen bleibt jedoch besser.
Die Gefahr, als Raucher an einem Herzleiden zu erkranken, nimmt mit steigendem Alter ab. Allerdings nur statistisch. „Während ein Raucher zwischen 30 und 39 noch ein sechsfach höheres Risiko als ein Nichtraucher hat, ist es bei Männern über 60 nur noch doppelt so hoch“, sagt Thomas Münzel. Das liege aber wohl daran, „dass die anderen Risikofaktoren auch zunehmen“. Frauen seien durch Hormone geschützt, mit den Wechseljahren steige ihr Risiko.
Herzkrankheiten sind nicht nur für alte Menschen gefährlich. Immer wieder würden auch junge Menschen um die 30 mit einem schweren Herzinfarkt eingeliefert werden. „Das sind akute Gefäßverschlüsse, meist bei jungen Männern, die noch nicht so lange rauchen“, sagt Münzel. Bei denen liegt noch keine Arterienverkalkung vor, das Blut hat sich also noch keine alternativen Wege gesucht, noch keine Umgehungskreisläufe gebildet. Ohne das Stickstoffmonoxid können Blutplättchen ungehindert verklumpen. Ein schwerer Infarkt ist die Folge, manchmal ein tödlicher. „Das ist übrigens unabhängig von der Menge der Zigaretten“, sagt Meinertz. Meistens treten diese Infarkte in Kombination mit einem erhöhten Cholesterinspiegel auf, unter dem allerdings viele ganz unbemerkt leiden. „Im Vergleich mit Japanern oder Italienern haben wir fast alle zu hohe Fettwerte“, sagt Heitzer. Und die sind neben Bluthochdruck, Diabetes und Rauchen Risikofaktoren für den Infarkt.
Dass Rauchen Gefäßen schadet, ist offensichtlich: „Ich sehe an der Haut, ob jemand raucht“, sagt Münzel. Wie es innen aussieht, können die Wissenschaftler am Arm ablesen. Mit Hilfe von Manschette und Nadel messen sie die Reaktionen der Blutgefäße. Weiß man um bereits verengte Gefäße, behandele man beispielsweise einen erhöhten Cholesterinspiegel, gegen den man sonst vielleicht noch nichts unternommen hätte.
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