: EU einigt sich auf deutschen Kandidaten
Staatssekretär Koch-Weser fehlt noch Zustimmung der USA zum Währungsfonds-Chef
Brüssel/Washington (AP/AFP/taz) – Die EU-Außenminister haben sich Montagnacht auf den deutschen Finanzstaatssekretär Caio Koch-Weser als gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Direktors des Internationalen Währungsfonds (IWF) geeinigt. Wie die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft am Dienstag mitteilte, soll die offizielle Entscheidung von den EU-Finanzministern am 28. Februar getroffen werden. Die Einigung im Kreise der Außenminister sei zustande gekommen, nachdem Frankreich seine Vorbehalte gegen Koch-Weser aufgegeben hatte.
Koch-Weser ist bereits seit längerem als Nachfolger für den scheidenden Generaldirektor des IWF, Michel Camdessus, im Gespräch. Der 55-Jährige wechselte kurz nach der Amtsübernahme von Bundesfinanzminister Hans Eichel vor einem Jahr in das Ministerium. Zuvor war er von 1973 an bei der Weltbank tätig und zuständig für regionale Entwicklungsarbeit. Koch-Weser, der auch die brasilianische Staatsbürgerschaft besitzt, beherrscht sechs Sprachen und gilt als versierter Verhandlungspartner auf internationaler Ebene.
Camdessus schied gestern aus dem Amt. Die Geschäfte werden vorübergehend von seinem Stellvertreter Stanley Fischer übernommen. Der IWF mit Sitz in Washington ist traditionell für das Krisenmanagement bei drohenden Zusammenbrüchen des internationalen Finanzsystems und einzelner Länder zuständig. Er erlässt oft harsche Vorschriften zur Bekämpfung von Staatsdefiziten für die betroffenen Ländern, was oft zu einer kurzfristigen Verstärkung der Armut in der Bevölkerung führt. Die Weltbank hingegen verwaltet eher Kredite zur Entwicklungshilfe.
Nach einem ungeschriebenen Gesetz wird der IWF von einem Europäer, die Weltbank von einem US-Amerikaner geleitet. Frankreich hatte sich dafür ausgesprochen, den Posten erstmals einem Kandidaten aus einem Entwicklungsland zu überlassen.
In den USA gibt es offenbar weiterhin Einwände gegen Koch-Weser als neuen Chef des IWF. Trotz der Einigung der Europäischen Union am Montag könne der Deutsche nicht auf die Unterstützung der USA zählen, sagte ein ranghoher Vertreter des US-Verteidigungsministeriums. Offiziell lehnte das Ministerium jeden Kommentar ab. Die USA fordern angeblich einen ehemals ranghohen Politiker für das Amt – also einen Finanzminister oder Ministerpräsidenten, nicht nur einen Staatssekretär wie Koch-Weser. Hinter den Kulissen heißt es aber auch, Koch-Weser vertrete zu sehr den Standpunkt seines Vorgängers Camdessus, dass nämlich Gesichtspunkte der Entwicklungshilfe eine stärkere Rolle auch beim IWF spielen sollten. rem
Porträt Seite 13
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen