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Bremen hat zwei Senatoren mehr

■ Zwei Staatsräte wurden in den Senatoren-Rang erhoben / Gegenstimmen kamen allerdings sogar aus der großen Koalition

Es war wieder eine Sternstunde im großkoalitionären Parlamentswesen. Noch bevor man gestern in die Tagesordnung für die Bürgerschaftssitzung einstieg, musste ein heißes Eisen vom Tisch: Das Gesetz für die „Staatsräte de Luxe“, das die zwei Staatsräte Erik Bettermann (SPD) und Reinhard Metz (CDU) in den Senatorenrang erhebt. Die Erhebung in den Senatorenstand sei angeblich nötig, damit Bettermann als Bundesbevollmächtigter den Bürgermeister im Bundesrat vertreten könne. Metz kommt aus SPD-CDU-Proporzgedanken dazu. Vor der Tagesordnung musste das Ganze stattfinden, weil Bettermann auf dem Sprung war: Mittags wollte er schon auf dem Weg nach Berlin sein.

Um das Ende vorwegzunehmen: Um 11 Uhr 45 wurden die beiden vereidigt und Bettermann kam rechtzeitig aus Bremen weg. Die Dramaturgie war genau abgestimmt: Zuerst sollte die Bürgerschaft das entsprechende Gesetz verabschieden, dann sollte der Senat zusammentreten, um das Gesetz offiziell zu verkünden. Minuten später sollte die Bürgerschaft ihre dafür unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen, um die beiden zu wählen. Dann sollte die Vereidigung folgen.

Genau so kam es, oder genauer: Fast genau so. Die Grünen wollten der großen Koalition noch im letzten Moment in die Suppe spucken: Das Gesetz sei unpräzise. Wenn man die Zahl der Senatoren schon von derzeit sieben auf nunmehr neun erhöhe, wenn man zudem als Überschrift wählt: „Gesetz über die Mitgliederzahl des Senats“, sollte das im Gesetz auch so stehen. Stattdessen aber wollte man das entsprechende Gesetz nur so weit verändern, dass da nicht mehr steht: Der Senat besteht aus sieben Mitgliedern. Jetzt sollte da stehen: Der Senat hat sieben Senatoren. Was da nicht stehen sollte: Und insgesamt neun Mitglieder.

Da das so nicht gehe, müsse sofort der Geschäftsordnungsausschuss zusammentreten. „Die Argumentation der Grünen klang logisch“ räumte später sogar ein CDU-Mitglied ein. Also stimmte die große Koalition erst einmal zu, um dann die Sitzung zu unterbrechen damit Geschäftsordnungsausschuss und Senat tagen können. Gesagt getan, der Ausgang nach 45 Minuten logisch: Alles korrekt, Gesetz verkündet.

Doch bei der Wahl der beiden kam die Quittung – nicht nur die Grünen hatten schließlich in der Vergangenheit die Pläne für die „Staatsräte de Luxe“ kritisiert. Kritik war sowohl von den Abgeordneten Horst Isola (SPD) als auch von Michale Teiser (CDU) geäußert worden. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juris- tInnen hatte Bedenken angemeldet, auch der frühere Präsident des Rechnungshofes sprach von einem „tiefen Einschnitt in die bremische Verfassungstradition“. Argument: Einerseits seien Bettermann und Metz als Staatsräte weisungsgebunden, andererseits müssten sie als Senats-Mitglieder eigenständig entscheiden dürfen.

Anwesend von den 100 Abgeordneten waren bei der geheimen Wahl 10 Oppositionelle, die ohnehin gegen die Regelung stimmten. Doch auch von den 83 Großkoalitionären stimmten längst nicht alle für das Duo: SPD-Bettermann wurde von fünf SPD- oder CDU-Abgeordneten die Gefolgschaft verweigert (eine ungültige Stimme, zwei Enthaltungen, zwei Nein-Stimmen aus CDU/SPD). Gegen CDU-Metz meuterten gleich 13 Abgeordnete der Koalition (eine ungültige Stimme, vier Enthaltungen, 8 Nein-Stimmen aus CDU/SPD).

„Das ist die Arroganz der Macht, wenn sie das jetzt so durchziehen“, hatte der Grüne Hermann Kuhn vor der Abstimmung noch ins Mikrophon gehaucht. Für die große Koalition hatte CDU-Teiser zurückgehaucht: „Weil die Sache schwierig ist, ist sie auch nicht so ganz einfach“. Das Protokoll wird verzeichnen: „Heiterkeit“. cd

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