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„Dieses Attentat galt allen Basken“

Der Chef der Sozialisten im baskischen Parlament, Fernando Buesa, ist das prominenteste Opfer des neuen Terrors der ETA

Madrid (taz) – Ein Sitz voller roter Rosen im ansonsten leeren Plenarsaal. Ein Sarg mit der baskischen Flagge und der roten Fahne der Sozialisten in der Empfangshalle. Das Autonomieparlament im nordspanischen Baskenland nahm gestern Abschied vom Sprecher der sozialistischen Fraktion, Fernando Buesa. Der 53-Jährige war am Tag zuvor Opfer einer Autobombe der Separatistenorganisation ETA geworden.

Der 25 Kilogramm schwere Sprengsatz auf dem Universitätsgelände in der baskischen Hauptstadt Vitoria war am Dienstagnachmittag um 16.38 Uhr ferngezündet worden, als Buesa und sein Leibwächter Jorge Díez Elorza (26) auf dem Heimweg auf der Höhe des Fahrzeuges angekommen waren. Die Explosion war in der gesamten Stadt zu hören. Die Opfer dieses zweiten ETA-Anschlages seit Aufkündigung des Waffenstillstandes im vergangenen Dezember erlagen ihren Verletzungen noch am Tatort. „Dieses Attentat galt allen baskischen Bürgern“, erklärte der Präsident des baskischen Volksvertretung, Juan Maria Atutxa, nach einer Dringlichkeitssitzung, an der bis auf die ETA-nahe Euskal Herritarrok (EH) alle Parteien teilnahmen. Mit Fernando Buesa hat die ETA zum 24. Mal seit Wiedereinführung der Demokratie in Spanien einen gewählten Volksvertreter ermordet.

Buesa gehörte zu den Gründern der Sozialistischen Partei (PSE/PSOE) in der baskischen Provinz Alava nach Ende der Franco-Diktatur. Von 1990 bis 1994 war der beliebte Politiker stellvertretender baskischer Regierungschef in einer Koalitionsregierung der Sozialisten mit der Baskisch-Nationalistischen Partei (PNV). Buesa galt als einer der entschiedensten Gegner des aktuellen Regierungsbündnisses der PNV mit der ETA-nahen EH. Er wolle mit seinem rein nationalistischen Regierungsbündnis die spanische Nordregion endgültig befrieden, hielt Regierungschef Juan José Ibarretxe immer wieder dagegen. Der Präsident der Autonomieregierung wollte das Scheitern dieser Politik selbst dann nicht eingestehen, als ETA im Dezember den Waffenstillstand brach und nur einen Monat später in Madrid einen Armeeoffizier ermordete. Ibarretxe setzte den Pakt mit EH nur „zeitweise“ aus. „Die Taktik der kleinen Schritte, die die PNV gegenüber EH verfolgt, ist ein Fehler“, erklärte Buesa damals im baskischen Parlament. Jetzt nach seinem Tod kommt auch Ibarretxe nicht mehr umhin, dies einzugestehen. „Die Vereinbarungen mit Euskal Herritarrok sind ab sofort ungültig“, erklärte der Chef der Autonomieregierung noch am Dienstagabend. Mit welchen Mehrheiten er jetzt regieren will, darüber schweigt sich Ibarretxe bisher aus.

Der separatistische Anschlag polarisiert die politische Lage im Baskenland nur 20 Tage vor den gesamtspanischen Parlamentswahlen. Die ETA-nahe Herri Batasuna (HB), Kern des Wahlbündnisses EH, ruft zum Boykott der Parlamentswahlen auf, und kann somit von den Wählern am kommenden 12. März nicht für die Rückkehr zur Gewalt abgestraft werden. Anders die PNV: Dort hat sich die Mehrheit um Parteichef Xavier Arzalluz durchgesetzt. Anstatt das Scheitern der Annäherung an EH einzugestehen, wird die PNV mit extrem nationalistischen Forderungen in den Wahlkampf ziehen. Damit will die Partei einen Teil des ETA-Umfeldes für sich gewinnen, um die Verluste an die nichtnationalistischen Parteien, die ihre bisherige Bündnispolitik im gemäßigten Lager hervorrufen dürfte, wieder wettzumachen. Reiner Wandler

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