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CDU nimmt sich kein Vorbild an Momper

Eine Urwahl des neuen Parteivorsitzenden stößt im Landesverband auf Ablehnung

Die Berliner CDU ist aus Erfahrung klug geworden. Zweimal hat sie selbst davon profitiert, dass die SPD per Urwahl untaugliche Spitzenkandidaten bestimmte – Ingrid Stahmer und Walter Momper. Über den Vorschlag einiger CDU-Hinterbänkler aus dem Bundestag, die Union möge ihrerseits den neuen Bundesvorsitzenden von den Mitgliedern bestimmen lassen, können die Berliner Parteifreunde daher nur herzlich lachen.

„Mit Urwahlen haben schon andere Parteien nicht so gute Erfahrungen gemacht“, sagt Landesgeschäftsführer Matthias Wambach. Deshalb werde die Idee in Berlin „mit Zurückhaltung aufgenommen“. An der Basis sind die Reaktionen ähnlich. In den Ortsvereinen des Fusionsbezirks Mitte-Tiergarten-Wedding sei die Meinung eindeutig, berichtet Bezirksbürgermeister Joachim Zeller: „Das müssen wir uns nicht auch noch antun. Die Erfahrungen der SPD sollten uns warnen.“

Unterdessen bereiten sich die Berliner Christdemokraten auf die Basisbeteiligung von oben vor. Auf ihrer Tournee durch die Regionen macht die Generalsekretärin Angela Merkel am übernächsten Samstag Station in Berlin. Die Kreisvorsitzenden und Vorstandsmitglieder der Berliner CDU treffen sich dann mit ihren Kollegen aus Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, um die Lage der Union zu debattieren. Von Merkel noch vor dem Rücktritt des Parteivorsitzenden Wolfgang Schäuble organisiert, nehmen die bundesweit sieben „Regionalkonferenzen“ der CDU immer mehr die Züge von Stimmungstests für den Bundesparteitag an, der am 10. April den Schäuble-Nachfolger bestimmen soll.

Für Merkel gibt es in der Berliner Parteiführung nur wenig Sympathien. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) findet, die Generalsekretärin solle ihrem Job treu bleiben. Entsprechend tief hängt der Landesverband die Merkel-Show am 4. März. Die Regionalkonferenz sei „keine Primary-Veranstaltung“, betont der Landesgeschäftsführer.

Dabei sitzen die Befürworter eines Neuanfangs mit Merkel naturgemäß eher im Osten und auf der Parteilinken, während der Westen und der rechte Flügel mehrheitlich für eine Übergangslösung plädiert. Der Ostpolitiker Zeller glaubt aber, der Ruf nach „neuen Personen, die nicht im Dunstkreis der letzten 50 Jahre standen“, werde lauter. Merkel habe „zunehmend bessere Chancen“.

Allerdings muss die Berliner CDU auch die finanziellen Folgen der Spendenaffäre debattieren. Der neue Schatzmeister Siegfried Helias warnte die Bundespartei davor, die vom Bundestagspräsidenten verhängten Strafgelder einfach auf die Landesverbände umzulegen. Die Berliner Union werde zwar einen „Beitrag leisten“, sagte Helias in einem Zeitungsinterview. Es müssten aber „diejenigen die Hauptlast zu tragen haben, die den Schaden verursacht haben“. Ralph Bollmann

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