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BartträgerInnen sind VerschwenderInnen ■ Von Ralf Sotscheck

Ich rasiere mich jetzt wieder öfter. BartträgerInnen sind VerschwenderInnen. Eine wissenschaftliche Untersuchung im Auftrag der Guinness-Brauerei hat in England ergeben, dass jedes Jahr 162.719 Pints des Bieres in Schnurrbärten hängen bleiben. Ein Pint – das ist das Maß aller guten Dinge, rund 0,56 Liter. Welche Vergeudung, 91.123 Liter im Wert von 423.070 Pfund Sterling! Weit über eine Million Mark klebt im Bart. Was könnte man für eine Party feiern, wenn man die englischen Schnurrbärte auswringen würde.

Auf die Idee für diese Untersuchung sind die WissenschaftlerInnen bei der Entwicklung von Flaschenfassbier gekommen. Bisher gab es das Fass-Guinness in Dosen: Beim Aufreißen explodierte eine Plastikkapsel mit Flüssiggas und komprimiertem Guinness und verlieh dem Gebräu eine entfernte Ähnlichkeit mit einem gezapften Guinness. Allerdings musste man sich beim Eingießen beeilen, sonst schäumte die Dose über. Das neue Flaschenfassguinness soll direkt aus der Flasche getrunken werden, und so fragten sich Experten, ob es noch andere Vorteile gegenüber der Dose habe. Jemand kam dann auf die Bart-Idee, und die Brauerei beauftragte den führenden britischen Bartexperten, Robin Dover, mit einer Untersuchung. Das Ergebnis wird vermutlich in die Marketingkampagne einfließen: „Mit Guinness aus der Flasche schneller und billiger zum Vollrausch.“

Wie viel Bier BartträgerInnen verplempern, hängt von der Länge, Dichte und Form des Schnurrbartes ab. In einem kurzen Damenschnauzer geht weniger verloren als in einem Walrossbart. Der schluckt 27,48 Pfund im Jahr, wie die WissenschaftlerInnen ermittelt haben. Was muss da erst der Bart von Günter GrassIn wert sein? Aber trinkt sie überhaupt Bier?

Die Guinness-BartologInnen schätzen, dass es in England 92.370 TrinkerInnen mit Bart gibt – eine erstaunlich exakte Zahl für eine Schätzung. Im Schnitt trinkt jedeR dieser BartträgerInnen 180 Pints im Jahr, also jeden zweiten Tag ein Bier. Für Irland liegen keine vergleichbaren Zahlen vor, aber es liegt auf der Hand, dass alles noch viel schlimmer sein muss: Erstens haben mehr IrInnen Bärte, und zweitens trinken sie mehr Guinness, während die EngländerInnen eine helle Plörre namens „Lager“ bevorzugen. Die ist so dünn, dass sie mühelos durch den dichtesten Bart fließt.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Wissenschaft mit dem schwarzen Gold der IrInnen befasst hat. Kürzlich untersuchte ein US-Unternehmen, warum die Bläschen im Guinness-Glas zu Boden sinken, statt nach oben zu schweben, wie es die Physik-Gesetze vorschreiben. Man/frau fand heraus, dass beim Zapfen eine kreisförmige Strömung entsteht, sodass die Luftblasen in der Mitte ansteigen, während sie am Rand, und nur den sieht man/frau ja beim gezapften Glas, nach unten sinken.

In Irland, so schreibt die Irish Times, sei die trinkende Gemeinde bei ihrem Nationalgetränk eher an einem religiösen Aspekt interessiert: Ein Unterpfarrer ist einem Bischof dabei allemal vorzuziehen. Der weiße „Bischofskragen“ über dem schwarzen Outfit ist – im Gegensatz zum schmalen Unterpfarrerskragen – viel zu breit, als dass die Schaumkrone auf dem Guinness akzepiert würde. An diese Faustregel halten sich auch atheistische TrinkerInnen.

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