Neue Leitung für den Internationalen Währungsfonds: Drei Kandidaten, keine Idee
Erst war es nur der deutsche Ex-Weltbanker Caio Koch-Weser, der auf dem leeren Chefsessel beim Internationalen Währungsfonds (IWF) Platz nehmen wollte: Seit letzter Woche sind es plötzlich drei Kandidaten, heute werden sie offiziell nominiert: Hinzu kamen noch der derzeitige amerikanische Vizepräsident des IWF, Stanley Fischer, und der japanische Banker Eisuke Sakakibara.
Drei Kandidaten – das klingt nach einer echten Auswahl. Doch sie alle haben einen gemeinsamen Nachteil: Es sind keine Innovationen zu erwarten; zu eng sind ihre Verflechtungen mit dem IWF.
Caio Koch-Weser? Der hat 25 Jahre in der IWF-Schwesterinstitution Weltbank verbracht und dort Mitte der 80er-Jahre eine der wichtigsten Reformen mitverantwortet. Experten sind sich heute einig, dass im Anschluss die Qualität der Weltbank-Programme deutlich gelitten hat. Bei Insidern gilt Koch-Weser zudem als „Yes-Man“, der keine eigene Meinung durchsetzen kann.
Stanley Fischer? Der ist IWF-Vize. Er kennt seinen Laden, und der Laden kennt ihn. Er muss Rücksicht nehmen auf die internen Befindlichkeiten.
Eisuke Sakakibara? Der Banker hat zwar auch schon im Exekutivrat des IWF gesessen, kommt aber immerhin von außen. 20 Jahre lang war er Vizeminister im japanischen Finanzministerium; auch dies zeugt nicht gerade von innovativer Spritzigkeit.
Drei Leute mit Erfahrung also – doch davon sitzen genug im IWF. Was fehlt, sind Experten mit Ideen. Seit Jahren verschreibt der bürokratische Apparat IWF, bestens ausgestattet mit Elite-Volkswirten aus aller Welt, den meist armen Ländern erfolglos dieselbe teure Kur: Marktöffnung und Sparen. Das Rezept wird immer teurer, doch die Krankheit der verheerenden Finanzkrisen bricht immer wieder aus.
Auch der Zwilling des IWF, die Weltbank, befand sich noch vor kurzem in einer ähnlichen Krise. Dort
wehte erst frischer Wind, als 1995 der musizierende Charismatiker, Rechtsanwalt und Banker James Wolfensohn auftauchte. Der fuhr zum Schrecken seiner Untergebenen zunächst in die Länder und sah sich das Produkt seiner Vorgänger an. Danach begann er aufzuräumen. Das wäre dem IWF auch zu gönnen: jemand, der nicht im alten Denken verharrt, unorthodoxe Ansätze pflegt und furchtlos ist. Und am besten auch noch jemand, der die Folgen der IWF-Diktate persönlich kennt – also aus einem Entwicklungsland. Schade, wenn diese Chance vertan wird. Maike Rademaker
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