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Berliner Polizisten aus Ghana abgeschoben

Drei LKA-Beamte begleiteten einen Abschiebehäftling. Statt auf Amtshilfe trafen sie auf eine Flughafenpolizei, die ihnen nicht wohlgesonnen war. Dann saßen sie 24 Stunden fest

Wenn der Hintergrund nicht so ernst wäre, könnte man darüber lachen, was drei Beamten des Landeskriminalamtes in Ghana passiert ist. Am 17. Februar holten ein Kommissar, ein Oberkommissar und ein Hauptkommissar den 30-jährigen Emanuel M. aus dem Abschiebegewahrsam in Köpenick, um ihn vom Flughafen Tegel nach Ghana zu bringen – normalerweise ein Routinejob. Doch als das Flugzeug in der Hauptstadt Accra landete, waren die Beamten, die auf Amtshilfe der dortigen Behörden hofften, plötzlich selbst auf Hilfe angewiesen.

Nach einem Bericht der Berliner Zeitung wurden ihnen die Pässe abgenommen. Der Flughafenkommandant teilte ihnen mit, dass Emanuel M. gesagt habe, er stamme aus Liberia. Die Angaben der Deutschen, dass die Botschaft Ghanas dem Mann einen Pass ausgestellt und er gegenüber deutschen Behörden erklärt habe, aus Ghana zu stammen, verhallten ungehört. Ihr Angebot, Emanuel M. wieder nach Deutschland zu bringen, wurde ebenso abgelehnt wie ihre Bitte, die Deutsche Botschaft einzuschalten.

Nach fünf Stunden gelang es den Beamten, nachdem sie eine Telefonkarte aufgetrieben hatten, sich mit der Deutschen Botschaft in Verbindung zu setzen. Nach weiteren drei Stunden kamen zwei Bundesgrenzschützer mit Diplomatenstatus zum Flughafen. Nach 16 Stunden konnten die Berliner Beamten so in einem Hotel etwas essen und trinken. Weitere acht Stunden später entschieden die Behörden, dass die Beamten und Emanuel M. zurück nach Deutschland müssten.

Seitdem sitzt Emanuel M. erneut in Abschiebehaft. Einem Besucher gegenüber hatte er gesagt, aus Liberia zu stammen. Bereits Anfang des Jahres soll es einen Abschiebeversuch gegeben haben. Eine Kontaktaufnahme mit Emanuel M. im Abschiebegewahrsam war gestern nicht möglich.

Es ist nicht das erste Mal, dass deutsche Beamte in Ghana festgehalten wurden. Im April 1998 saßen vier Beamte des Bundesgrenzschutzes (BGS), die einen Ghanaer bei seiner Abschiebung begleitet hatten, tagelang in Accra fest. Nach Angaben des dortigen Einwanderungsbüros war der Mann während des Fluges an seinen Sitz gefesselt und gezwungen worden, einen Helm zu tragen.

Der ehemalige grüne Abgeordnete Ismail Kosan hatte damals erklärt, dass sich der Mann bei der Zwischenlandung in Moskau gegen den Weiterflug gewehrt habe, weil er mit der Todesstrafe rechnen müsse. „Nach mir vorliegenden Informationen haben die BGS-Männer den Widerstand mit massiver Gegengewalt gebrochen“, so Kosan. Nach seiner Einschätzung gibt es eine Erklärung für die beiden Vorfälle: „Die ghanaische Regierung ist sauer auf die Bundesrepublik, weil ghanaische Staatsbürger öfter hier misshandelt wurden.“

Der Sprecher der Innenverwaltung, Stefan Paris, erklärte gestern, dass derzeit gemeinsam mit der Ausländerbehörde und der Deutschen Botschaft in Ghana eine „Fehleranalyse und Bestandsaufnahme“ erstellt werde. Ob und wann es einen erneuten Abschiebeversuch geben wird, ist unklar.B. Bollwahn de Paez Casanova

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