Eine Kohlroulade auf dem Kopf von Sabine Christiansen ■ Von Wiglaf Droste

Der Frisör Udo Walz hat sein Leben lang Prominentenköpfe frisiert und ist so selbst ein Prominenter geworden. Deshalb hat der Quadriga Verlag unter dem Namen Udo Walz ein Buch herausgebracht, das „waschen, schneiden, leben“ heißt. Wen der Titel noch nicht schreckt, dem sei der Name des Ghostwriters genannt. Es handelt sich um einen Herrn Besing, der als Ausgehschreiber bei der B.Z. abgehalftert wurde, nachdem er ein Muschelgericht mit erkrankten weiblichen Geschlechtsorganen verglich. Das kostete die B.Z. viel Geld. Besing fungierte anschließend als Herausgeber von „Tristesse Royale“, einem verzweifelt hochgeblasenen Nullinger. Die Sache ging so peinlich aus, dass seitdem nicht einmal Besings Ko-Autoren etwas mit ihm zu tun haben wollen. Die FAZ, bei der er vorstellig wurde, schickte ihn weg, und so muss er in Prinz sein eigenes Buch loben, für die Welt am Sonntag über alles schreiben, wovon er auch nichts versteht, und den Gespensterschreiber machen für Udo Walz.

Als „waschen, schneiden, leben“ der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, war Besing indes nicht auf dem Podium. Der Katzentisch ist das gerechte Schicksal des Lohnschmierlappens. Die Bühne gehörte Leuten, die es noch weiter gebracht haben mit sich und ihren Karrieren. Der Fernsehjournalist Wolfgang Klein sagte: „Das ist der Mann, neben dem Wolfgang Joop scheiße aussieht.“ Es hätte also jeder sein können, gemeint war aber Udo Walz. Der trat ins Licht und wurde beklatscht. Sabine Christiansen klatschte mit und quiekte ein bisschen. Ihre Frisur sah aus, als hätte ihr jemand am Hinterkopf eine Kohlroulade eingedreht. So bekommt ein Kopf Gewicht.

Dann geschah ein kleines Wunder, wenn auch kein erfreuliches. Eine Gestalt riss das Mikrofon und den Abend an sich, die es fertig brachte, die trübe Fernsehschüssel Christiansen vergleichsweise strahlen zu lassen: Ralph Morgenstern, der Kaffeeklatscher vom ZDF. Auch live ist Morgenstern fiesestes Fieslingsfernsehn, ein Seelenzwilling von Jürgen Drews: Anwanzlerisch glitscht er auf der eigenen Schleimspur und ist auf nicht mehr messbare Weise aufdringlich. Als Otto Sander „Rapunzel“ gelesen hat, das Märchen der Gebrüder Grimm, kommt Morgenstern durch den Vorhang und versucht, Sanders Applaus zunächst für sich einzuheimsen und dann rasch abzuwürgen. So einer ist das.

Kappe falschrum auf dem Kopf und sein kameragieriges, kuchenteigiges Gesicht jedem hinhaltend, der auch nur entfernt nach Medien aussieht, hampelt Morgenstern auf der Bühne herum und tuntet mit sich selbst um die Wette – ein Zombie, durch nichts gemildert, zusammengehalten von dem einen Wunsch, unniederringbar und unkaputtbar präsent zu sein zur Qual derer, die Augen haben und Ohren.

Die Bar jeder Vernunft, die zu den schönsten Auftrittsorten im Land zählt, wirkt besudelt: Wenn Ralph Morgenstern auf dieser Bühne steht, ist es, als hätte mir jemand in die Küche gepisst. Ein paar Meter weiter bietet eine Journalistin Reinhard Mohr vom Spiegel an, ihm seinen labbrigen Hintern zu küssen, wenn er ihr einen Posten bei seinem Magazin verschafft. Mohr zögert noch, und ich will es gar nicht wissen. Es ist Zeit, nach Hause zu gehen.