Der Foltergeneral fliegt raus

■ Mit Jubel empfangen Pinochets Anhänger heute Chiles Ex-Diktator. Der britische Innenminister Jack Straw hat ihn für prozessuntauglich erklärt. Europäische Regierungen kritteln, schreiten aber nicht ein

Berlin (taz) – Augusto Pinochet ist frei. Nach 17 Monaten Hausarrest in Großbritannien durfte der 84-jährige ehemalige Diktator in sein Heimatland Chile zurückkehren, nachdem ihn der britische Innenminister Jack Straw wegen seines Geisteszustandes gestern früh endgültig für prozessunfähig erklärt hatte. In Santiago wollten ihn seine Anhänger noch in der Nacht mit Marschmusik auf dem Flughafen empfangen.

Die Regierungen Belgiens, Spaniens, Frankreichs und der Schweiz, die Pinochets Auslieferung beantragt hatten, akzeptierten Straws Entscheidung – ihnen blieb allerdings auch kaum etwas anderes übrig. Offensichtlich bereits vorab von der Entscheidung informiert, befand sich der Ex-Diktator zum Zeitpunkt der öffentlichen Erklärung Straws schon auf dem Weg zum Flughafen, wo ihn die seit Wochen bereit gestellte Boeing 707 der chilenischen Luftwaffe erwartete. Das Büro von Ministerpräsident Lionel Jospin erklärte, Frankreich bedauere, dass Großbritannien Pinochet habe ausreisen lassen. Das französische Justizministerium hatte zuvor allerdings erklärt, es werde die Entscheidung des britischen Innenministeriums nicht anfechten. Und völlig ideenlos zeigte sich Deutschlands Außenminister Joschka Fischer: „Das haben wir zu akzeptieren“, sagte er.

Glücklich war die innenpolitische Sprecherin der Tories im britischen Unterhaus: Endlich sei eine Entscheidung gefallen. Niemals hätte Großbritannien sich die Entscheidung anmaßen sollen, ob Pinochet der Prozess gemacht werden solle. Bernd Pickert

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