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Kirche macht sich den Hof

Die Gemeinde St.Trinitatis auf St.Pauli will Wohnblöcke in den Grünzug Neu Altona bauen. StadtplanerInnen sind skeptisch  ■ Von Gernot Knödler

1860 war die Welt noch in Ordnung. Die St. Trinitatis-Kirche an der Königsstraße, oberhalb des Fischmarktes, war komplett eingerahmt von Wohnhäusern, geborgen in der Gemeinde sozusagen. Dann kamen der Zweite Weltkrieg und der Tabula-Rasa-Wahn der Nachkriegsplaner: Jetzt steht die Kirche allein auf weiter Flur im „Grünzug Neu Altona“ – ein Zustand, den die Gemeinde ändern möchte. Die kirchennahe Wichern-Baugesellschaft hat jetzt drei Konzepte für eine Wohnbebauung rund um die Kirche vorgelegt. Skeptiker befürchten, dass der Grünzug Neu Altona, eine Kette von Parks zwischen Hafen und Stresemannstraße, unterbrochen wird.

Das Planungsbüro Doose und Vrana hat für die Baugesellschaft eine nach Westen offene, hufeisenförmige Bebauung aus drei- bis fünfstöckigen Gebäuderiegeln vorgeschlagen. Der entstehende „Kirchhof“ zwischen den Häusern und der Kirche soll gepflastert werden und künfig Freilichtveranstaltungen wie etwa einem Weih-nachtsmarkt dienen.

„Die Umgebung, in der sich die Kirche jetzt befindet, ist eine mittlere Katastrophe“, findet der Kirchenvorstand Hans-Joachim Stroth. Die Planer argumentieren, die Parkfläche rund um die Kirche werde ohnehin nicht genutzt, sei unübersichtlich und isoliert vom Rest des Grünzuges, da die nächste Grünfläche, der jüdische Friedhof nördlich der Königsstraße, eingezäunt sei. Der „von Kriminellen und Drogensüchtigen genutzte Freiraum“ müsse beseitigt und stattdessen ein „Mittelpunkt mit bürgernahen Aktivitäten“ geschaffen werden, schreibt die Baugesellschaft. Das Gemeindehaus und die Notkapelle, die heute neben der Kirche stehen, könnten abgerissen werden.

Nach den Vorstellungen der Kirchengemeinde und der Baugesellschaft könnte der neue Gebäudekomplex „als eine Art Stiftsanlage“ mit „Wohnungen für den Bedarf der Gemeinde und für weitere soziale Träger“ (Diakonisches Werk, Alsterdorfer Anstalten) funktionieren. Ein Stadtteilcafé soll es ebenfalls geben. „Wir sind der Meinung, dass eine maßvolle Bebauung die Kirche aufwertet“, sagt Stroth.

Aus städtebaulicher Sicht ist Elke Kuick-Frenz skeptisch. „Der Blick von Süden ist auf jeden Fall erhaltenswert“, sagt die Leiterin der Altonaer Stadtplanungsabteilung. Problematisch wäre eine neue Wohn-strasse östlich der Kirche, und der Park müsse gesichert werden.

Letzteres versuchte die Bezirksversammlung Altona im vergangenen Herbst dadurch zu erreichen, dass sie die Aufstellung eines Bebauungsplanes für den gesamten Grünzug beschloss. Olaf Wuttke von der Regenbogen-Fraktion sprach sich gegen jegliche Bebauung an der Kirche aus, sein Kollege Horst Emmel von der SPD konnte sich höchstens für eine Eckbebauung an der Königstraße erwärmen. In zwei Wochen werden die Pläne im Bezirksamt erörtert.

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