Filmstarts à la carte
: Die Hölle ist Gelb-Schwarz

Eigentlich komisch, dass sich der deutsche Film so selten der guten und wirklich relevanten Stoffe bemächtigt. Ein paar tausend Jahre deutscher Geschichte sind vergangen, und was kann man davon im Kino betrachten? Keine Schlacht im Teutoburger Wald, nichts über den mißglückten Kreuzzug von Friedrich Barbarossa, und über den Piraten Klaus Störtebeker gibt es gerade mal einen popeligen Stummfilm aus dem Jahr 1920. Mit Gegenwartsthemen sieht es auch nicht viel anders aus: Da pilgern zigtausende Menschen Woche für Woche in die Stadien, um dem runden Leder zu huldigen, doch Filme über den Fußball und seine Fans sind Mangelware. Deshalb präsentiert sich Tomy Wigands erst kürzlich herausgekommene und fast schon wieder aus den Kinos verschwundene Tragikomödie „Fußball ist unser Leben“ denn auch als Ausnahme. Gelungen ist in der Geschichte um die absurde Entführung eines kokainsüchtigen argentinischen Kickers durch den fanatischen Schalke-Anhänger Hans Polak (Uwe Ochsenknecht) vor allem die Zeichnung der traditionell aus der Arbeiterschicht stammenden Fans aus dem Kohlenpott, für die der Fußball geradezu eine Religion ist. Seine besten Momente hat der Film, wenn die Kamera in dieses Milieu eintaucht und ganz dicht rangeht: an die bierseligen Anfeuerungen in der Fankurve, das Fachsimpeln in der Fankneipe, das Abhängen im Fankeller. Dass der Schalker Fußballprofi Yves Eigenrauch und Schalke-Legende Charly Neumann in kleinen ironischen Gastauftritten sich selbst spielen, trägt ebenfalls unbedingt zur gesteigerten Authentizität bei. Ein weiterer Pluspunkt ist der angenehm verzweifelte Humor des Films. Bester Gag: Jeden Morgen nimmt Hans Polak den Kaffee in der Küche seiner Mutter ein. Die aber ist Fan von Borussia Dortmund - das ganze Kücheninterieur erstrahlt in den Farben Gelb und Schwarz. Für einen von den Blau-Weißen muss das die Hölle sein.

„Fußball ist unser Leben!“ 9.3.-15.3. im Moviemento 2

Am „Jour fixe des Dokumentarfilms“ zeigt die Filmbühne am Steinplatz in dieser Woche ein etwas verqueres Roadmovie: Dokumentarfilmerin Bettina Haasen geht in „Zwischen zwei Welten“ im Niger auf die Suche nach einem Nomaden, mit dem sie sich einst bei einem früheren Besuch angefreundet hatte. Da sich die Suche nach einem Menschen ohne festen Wohnsitz nicht ganz einfach gestaltet, muss Haasen schon so einige Märkte absuchen, Leute befragen und alte Freunde treffen, ehe es zum erwünschten Wiedersehen kommt. Und ganz nebenbei erfährt man natürlich auch noch etwas über eine fremde Kultur.

„Zwischen zwei Welten“ 13.3. in der Filmbühne am Steinplatz

Ungewöhnlich: In Jacques Demys bittersüßem Liebesfilm „Die Regenschirme von Cherbourg“ werden alle Dialoge gesungen. Auch die Farbgebung gestaltet sich ziemlich extravagant und indiziert vor allem die Stimmungslage der Figuren. Die Zeit der Verliebtheit von Guy und Geneviève wird durch leuchtende Primärfarben chrakterisiert, das Unglück schließlich gestaltet sich nur noch in schmuddeligem Grün. „Les Parapluies de Cherbourg“ -

„Die Regenschirme von Cherbourg“ (OmU) 12.3.-13.3. im Filmkunsthaus Babylon

Ein Mann wird seiner Identität beraubt: In Alfred Hitchcocks Thriller „Der unsichtbare Dritte“ sieht sich Cary Grant, der als Werbefachmann Roger Thornhill versehentlich für einen gar nicht existenten Agenten gehalten wird, immer irrwitzigeren und demütigenderen Situationen ausgesetzt. Dass seine Mutti seinen Atem auf übermäßigen Martinigenuß hin überprüft, gehört in der spannenden Spionagegeschichte noch zu den geringeren Problemen.

„North by Northwest - Der unsichtbare Dritte“ 10.3.- 13.3. im Regenbogenkino

LARS PENNING