Posten und Possen

Susan Neiman soll neue Direktorin des Einstein Forums werden. Gleichzeitig werden dem Haus die Mittel gekürzt

Nach langem Zögern hat sich das Potsdamer Wissenschaftsministerium jetzt entschieden: Susan Neiman soll Direktorin des Einstein Forums werden.

Ein Berufungsvorschlag mit dem Namen der Philosophin, die derzeit an der Universität Tel Aviv lehrt, wurde dem zuständigen Minister schon im Dezember vorgelegt. Ob dieser dem Wunsch des Hauses nachkommen würde, war allerdings lange ungewiss – es gab zu viele ungeklärte Fragen.

Zunächst wurde eine Zusammenlegung des Einstein Forums mit drei anderen Potsdamer Wissenschaftsinstituten, dem Moses Mendelssohn Zentrum, dem Forschungszentrum für europäische Aufklärung und dem Zentrum für zeitgenössische Forschung, erwogen – und nach einem solchen Zusammenschluss wäre die Notwendigkeit einer vierten Direktorin zumindest fraglich gewesen. Außerdem gab es begründete Zweifel, dass Frau Neiman die Direktion eines in seinen Kompetenzen beschnittenen Einstein Forums überhaupt hätte übernehmen wollen. Im Gegensatz zu den anderen Potsdamer Wissenschaftsinstituten hat sich das Haus nämlich gerade als Kommunikationsknoten zwischen verschiedenen Disziplinen und zwischen der akademischen Welt und der Öffenlichkeit profiliert.

So war es nur konsequent, dass das Potsdamer Institut beharrlich an seiner Wunschkandidatin für den Direktorinnenposten festhielt. Susan Neiman steht für drei programmatische Punkte, die sich das Einstein Forum zu eigen gemacht hat: Internationalität, Interdisziplinarität und die Bindung an die jüdisch-israelische Welt.

Die amerikanische Philosophin promovierte in Harvard und studierte vier Jahre an der FU Berlin. Danach kehrte sie wieder in die USA zurück, um an der Yale University zu lehren. 1996 trat sie dann eine Professur in Tel Aviv an, wo sie noch tätig ist. Obwohl auf Geschichte der modernen Philosophie, politische Philosophie und Ethik spezialisiert, ist Frau Neiman keine typische Fachphilosophin. Gerne widmet sie sich philosophischen Grenzbereichen, der Literatur und den Kulturwissenschaften. Nach einer Doktorarbeit über den Kantschen Begriff der Vernunft arbeitete sie ihre Berliner Erfahrungen in einem Buch mit dem Titel „Slow Fire: Jewish Notes from Berlin“ auf. Und derzeit schreibt Neiman an einem Buch über das Böse im modernen Denken.

Mit diesem Werdegang ist Susan Neiman für das Einstein Forum genau die richtige Frau. Ob sie das ihr angetragene Amt nun tatsächlich annimmt, steht allerdings noch offen. Wenn, dann würde sie in höchst unsicheren Zeiten die Leitung übernehmen: Mittelkürzungen stehen bevor. Zwar seien 30 Prozent Kürzungen vom Etat des vergangenen Jahres nicht mehr zu befürchten, sagt Rüdiger Zill vom Einstein Forum, doch müsse man damit rechnen, dass mindestens 10 Prozent der beantragten Summe von 1,5 Millionen Mark gestrichen würden. Dann wäre das Veranstaltungsprogramm des Hauses gefährdet.

Wird sich die Wunschdirektorin damit abfinden? Wird sie sich auf den Schacher ums Geld einlassen? Oder gleich das Handtuch werfen? Frau Neiman soll ihr Amt in diesem Sommer antreten. AURELIANA SORRENTO