piwik no script img

Radio, ganz egal wo

Auf Witzen beruhte seine Karriere, Witze haben sie vorerst beendet: Der einstige SWF 3-Starmoderator Elmar Hörig ist jetzt der „Rockländer“

Ein paar lauwarme Schwulenwitze, eine ziemlich miese „Bild“-Kampagne – und schon war Elmi als „Schmuddel-Hörig“ diskreditiert und die Karriere ruiniert

Aus Baden-Baden FRANK KETTERER

Der Satz rutscht Elmar Hörig eher nebenbei heraus. Es ist ja auch nichts, was ihm unbedingt die Brust mit Stolz füllen müsste, das nun wirklich nicht. Dafür ist schon die Vorgeschichte etwas zu traurig. Den Satz lässt Hörig dennoch ab, weil er ihm nunmal gerade in den Sinn gekommen ist. „Jetzt bin ich halt ein Rockländer“, sagt der Mann mit den angegrauten Schläfen also, und genau in dem Augenblick scheint er Gefallen zu finden an dem Satz und an dem, was daraus noch zu stricken ist, trotz der traurigen Vorgeschichte. „Wie war das noch im Film?“, fragt Hörig jedenfalls, bevor er sich die Antwort auch noch gleich gibt: „Es kann nur einen geben.“ Nur einen Rockländer, soll das heißen, und es ist Hörig anzusehen, wie sehr ihm das Sprüchlein gefällt. „Vielleicht bring ich das am Montag“, sagt Hörig.

Mehr als wahrscheinlich sogar, dass er es bringt, schließlich wird Elmar Hörig an diesem Montag erstmals den Rockländer geben. „Elmi Rockland-Show“ heißt die Sendung, die er ab dann jeden Wochentag zwischen 13 und 15 Uhr bei Rockland-Radio, einem kleinen Privatsender in Pirmasens, moderieren wird.

Was an sich noch gar nicht die große Story wäre, wenn dieser Elmar Hörig vor gerade mal einem Jahr nicht noch ein wirklich großer Starmoderator gewesen und Rockland-Radio nicht nach wie vor ein wirklich kleiner Privatsender wäre. Normalerweise gibt sich einer wie Hörig nicht her für einen Sender wie Rockland-Radio. Dass er es doch tut, hat mit der etwas traurigen Vorgeschichte zu tun, in der Elmi, der schelmische Star von SWR 3, in ziemlicher Windeseile zum „Schmuddel-Hörig“ mutiert wurde, etwas mehr als ein Jahr ist das jetzt her. Dazu gebraucht hat es letztlich nicht viel mehr als ein paar lauwarme Schwulenwitze – und eine ziemlich üble Kampagne in der Bild-Zeitung.

Und vor einem Jahr wurde Hörig auch vom frisch fusionierten Großsender Südwestrundfunk (SWR) gefeuert – 19 Jahre lang hatte er zuvor bei SWF 3 Kult im Radio gemacht, Witze über alles und jeden gerissen, Hörer am Telefon als „Schnarchnasen“ bezeichnet und Rundfunkräte als „Sesselfurzer“ beschimpft. Ein Stil, der fürderhin nicht mehr ins öffentlich-rechtliche Radio baden-württembergischer Landespolitiker passte. „Die wollten meine Rübe“, sagt Hörig rückblickend. Sie haben sie bekommen.

Besonders freut er sich daher über „eine teure Umfrage“, die der SWR in Auftrag gegeben habe, um herauszufinden, wer im letzten Jahr die beliebtesten Fernseh- und Radiomoderatoren waren. Aus sicherer Quelle wisse er das, und auch, dass man ihn, der gar nicht mehr dabei war, mit großem Vorsprung vor Cherno Jobatey gewählt habe. „Diese Umfrage können sie jetzt in den Müll schmeißen“, freut sich Hörig. Der SWR scheigt dazu.

Vorbei. Abgehakt. Hörig ist jetzt ja der Rockländer. Dabei hatte sich der 50-Jährige ganz fest vorgenommen, nie mehr ein Studio zu betreten, so gekränkt war er nach seinem Rauswurf. Anfragen, beteuert Hörig, habe es genügend gegeben, so um die 30. Alle hat er sie abgelehnt. Und dann doch eines angenommen, dieses eine von Rockland-Radio. Weil Hörig nach knapp einem Jahr „endlich wieder Radio machen wollte, ganz egal wo.“ Warum also nicht für einen kleinen Privatsender in Pirmasens, in dessen Studios noch Eierkartons an der Wand für Schalldämpfung sorgen. „Richtig liebenswert“, findet Elmar Hörig das, und „aufgeregt wie die Sau“ seien die rund 20 Mitarbeiter beim ersten Besuch gewesen, von ihm, dem Radiostar.

„Diesmal habe ich es schriftlich“, hatte Hörig schon bei der ersten Pressekonferenz des kleinen Privatsenders unters Radiovolk posaunt: „Ich darf alles sagen.“ Was nicht ganz stimmt. Schriftlich, gibt Hörig zu, hat er die Lizenz zum grenzenlosen Rumblödeln nämlich keineswegs. Immerhin aber mündlich. „Hörig ist Hörig“, sagt Thomas Friedel, Stationmanager bei Rockland-Radio. Was heißen soll, dass „Hörig bei uns sagen darf, was er denkt. Er soll hier seine ganze Kreativität in vollem Umfang ausleben.“ Schließlich gilt es, die Senderreichweite auf über 30.000 Hörer pro Stunde zu hieven, damit Rockland-Radio in der Medienanalyse ausgewiesen wird –was nicht eben hinderlich ist beim Verkauf von Werbezeiten. „Wir können keine neuen Hörer erfinden“, sagt Friedel, also müsse man jene rüberziehen zu Rockland-Radio, die gefrustet seien „vom langweiligen Einheitsbrei“ der anderen. Genau dafür haben sie Hörig, selbst ein Gefrusteter, angeheuert. „Traumkonstellation“ nennt das der Stationmanager und fragt: „Was von dem, was Hörig gesagt hat, war denn problematisch? Andere haben für diese Dinge den Grimme-Preis bekommen.“

Hörig hat es gerade noch zum Rockländer geschafft. In seiner Finca auf Lanzarote und seinem Haus bei Baden-Baden hat ihm der Sender je ein kleines Studio eingerichtet, von wo aus er auf Sendung gehen kann. Die Zusammenarbeit ist vorläufig auf ein Jahr befristet. „Ich will einfach in Frieden Radio machen und dass die Leute sagen: Den mögen wir“, sagt Hörig, der Rockländer. Trotz seiner schrägen Witze. Oder gerade derentwegen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen