: Köhler EU-Kandidat
Deutscher einstimmig für IWF nominiert. Frankreich will dafür Chefposten bei der Europäischen Zentralbank
BERLIN taz ■ Meines Miteuropäers Kandidat ist auch mein Kandidat – nach diesem Motto stimmten gestern alle 15 EU-Finanzminister für Horst Köhler. Nun bleibt abzuwarten, was die USA dazu sagen. Der Präsident der Osteuropa-Bank ist des Kanzlers zweiter Versuch, einen Deutschen in den Chefsessel des Internationalen Währungsfonds zu hieven.
Vor der offiziellen Abstimmung in Brüssel hatte es noch eine Missstimmigkeit mit Österreich gegeben: Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ) beklagte, seine Regierung habe nur unzureichende Informationen über Köhler bekommen. Offensichtlich zeigt die schroffe Haltung der anderen EU-Länder gegenüber der rechtspopulistischen Regierung in Wien die gewünschte Wirkung. In einer Blitzaktion wurde der österreichische Kanzler Wolfgang Schüssel dann doch noch informiert.
Der gemeinsame Gegner USA und die erste Niederlage mit dem deutschen Staatssekretär Caio Koch-Weser haben die Europäer zusammengeschweißt. Längst steht nicht mehr die eigentliche Frage im Mittelpunkt, wer der geeignetste Bewerber – oder die geeignetste Bewerberin – für den Posten in Washington ist. Der EU geht es vor allem darum, den USA Paroli zu bieten und in Zukunft eigene Akzente bei der Neuordnung der internationalen Finanzmärkte zu setzen.
Indes haben hinter den Kulissen auch die EU-Regierungen den Vorschlag des deutschen Kanzlers mit geteiltem Enthusiasmus aufgenommen. Zwar stellten sich der portugiesische Ministerpräsident und derzeitige EU-Ratspräsident Antonio Guterres schnell und unkompliziert hinter Köhler. Rom hingegen betonte, ein neuer europäischer Kandidat müsse politisches Profil haben und brachte Giulio Amato ins Spiel – einen aus der Sammlung italienischer Ex-Premierminister. Ähnliche Vorbehalte waren aus internen Kreisen in London zu hören.
Auch Frankreich hatte zunächst zurückhaltend reagiert. Dass sich die Regierung in Paris dann doch als eine der ersten hinter Köhler stellte, ist laut der britischen Times das Ergebnis eines Kuhhandels zwischen Frankreich und Deutschland: Schröder habe im Gegenzug versprochen, sich für einen frühzeitigen Wechsel an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) einzusetzen. Zugunsten des französichen Notenbankchefs Jean-Claude Trichet, versteht sich. Dem deutsch-französischen Klüngel zufolge würde der derzeitige Präsident Wim Duisenberg seinen Platz 2002 für Trichet freimachen. KATHARINA KOUFEN
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