: Fünf Peanuts für die Banken
betr.: „Das rote Tuch“ (Jürgen Mahneke „Retter der Jobs bei Holzmann“), taz vom 15. 3. 00
Diesen Artikel hättet ihr lieber der Wahrheitsredaktion überlassen sollen.
1. Tatsache ist, dass Jürgen Mahneke, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Philipp Holzmann AG, im Zusammenwirken mit Banken und Arbeitgeberseite am 10. Januar 2000 folgende „Rettungstaten“ vollbracht hat:
Von ehemals 39 Betrieben wurden 22 Betriebe geschlossen. Sämtliche Betriebsschließungen sind nach dem Muster der Insolvenzordnung erfolgt, das heißt Betriebe und Betriebsteile mit negativen Ergebnissen fielen der Schließung zum Opfer. Der abgeschlossene Sozialplan von im Durchschnitt drei Bruttomonatsgehältern überstieg den, der nach der Insolvenzordnung hätte abgeschlossen werden müssen, gerade um ein halbes Monatsgehalt. Mit Zustimmung von Herrn Mahneke haben von knapp 5.000 Beschäftigten knapp 2.000 Beschäftigte ihre Arbeitsplätze verloren.
Ein besonderes Verdienst von Herrn Mahneke hat darin bestanden, Beschäftigten, die nicht von sich aus bereit gewesen waren, das Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Wochen zum 31. Januar 2000 fristlos per Aufhebungsvereinbarung mit der Philipp Holzmann AG zu beenden, die ohnehin karge Sozialplanabfindung um 40 Prozent zu kürzen.
Dieses rigorose Vorgehen gegen die Beschäftigten hat den Erfolg gehabt, dass 1.200 Beschäftigte innerhalb von drei Wochen einen Aufhebungsvertrag zum 31. Januar 2000 unterzeichnet haben (um befristet in einer so genannten Beschäftigungsgesellschaft geparkt zu werden). Diese „Rettungstat“ hat dazu geführt, dass die Firma Philipp Holzmann AG ab Februar 2000 eine Lohnkostenersparnis von etwa sechs bis sieben Millionen Mark im Monat bewirkt.
Hinzu kommt, dass mir als langjährigem Berater des Betriebsrats Hamburg der Firma Philipp Holzmann AG in vielen Jahren erhebliche Kritik der Betriebsräte an Herrn Jürgen Mahneke bekannt geworden ist. Herr Mahneke hat danach häufig die Interessen des Unternehmens im Vordergrund gesehen, wie auch bei seinen „Rettungstaten“.
2. Eine derartige Haltung eines Gesamtbetriebsratsvorsitzenden kann sicher unterschiedlich bewertet werden. Nicht angängig ist es jedoch, dass der Verfasser des Artikels undifferenziert und ungeprüft die Kritik von Herrn Mahneke über „die herrschende Klasse der Funktionäre in Bauindustrie und Baugewerkschaft“ übernimmt.
Der Verfasser hätte zumindest darauf hinweisen müssen, dass es eine geltende tarifliche Vorschrift in Paragraf 19 BRTV-Bau gibt, die sowohl Arbeitgeberverband wie auch Gewerkschaft bindet. Diese hat folgenden Inhalt: Sofern eine der Tarifvertragsparteien einen Tarifvertrag abschließt, der von dem im gesamten Bundesgebiet geltenden BRTV-Bau abweicht, kann die jeweilige andere Tarifvertragspartei verlangen, dass der BRTV-Bau angepasst wird. Auf diese Regelung, die eine Wettbewerbsverzerrung vermeiden soll, haben sich im vorliegenden Fall die Vertreter der Arbeitgeberverbände berufen und den so genannten Sanierungstarifvertrag zu Recht abgelehnt.
Zur Erinnerung: Die von den Banken geforderte Gegenleistung der Arbeitnehmerseite in Höhe von 250 Millionen Mark wäre von dem ehemaligen Vorsitzenden der Deutschen Bank, Herrn Hillmar Kopper, als Peanuts bezeichnet worden, genau genommen als fünf Peanuts. [...] JENS GÄBERT, Rechtsanwalt, Hamburg
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