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Die Bankenaufsicht im Nacken

Weil drei Kreditnehmer pleite gingen, ist die Frankfurter Ökobank ins Trudeln geraten. Künftig soll mehr auf die Öknonomie geachtet werden

aus FrankfurtKLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Die Ökobank, Flaggschiff der ehemaligen Alternativbewegung, ist auf Grund gelaufen und nur noch mit fremder Hilfe wieder flott zu machen. Drei große Kreditnehmer aus den Branchen ökologisches Bauen und Recycling haben schon Ende 1999 bei der Ökobank und einer an der Finanzierung beteiligten Genossenschaftsbank Insolvenz angemeldet. Für die kleine Ökobank mit einem Bilanzvolumen von rund 380 Millionen Mark (1998) wurden Einzelwertberichtigungen in Höhe von 12 Millionen Mark notwendig. Ein Verlust, der nicht durch Erträge im Geschäftsjahr 1999 aufgefangen werden konnte. Und der auch in diesem Jahr nicht mehr egalisiert werden kann.

Drei Windkraftfonds floppten

Im Gegenteil: Gleich drei von vier Windkraftfonds der Ökobank floppten 1999; wegen der „unklaren Entwicklung der Einspeisevergütung für regenerative Energien in das Stromnetz“, wie Vorstandsmitglied Oliver Förster am Mittwoch in Frankfurt erklärte. Erträge von mehr als 4 Millionen Mark hatte die Ökobank beim Fondsgeschäft einkalkuliert. Jetzt kann die Bank drei Millionen Mark in den Wind schreiben. Und weil interne und externe Revisoren nach dem Desaster das gesamte Kreditgeschäft der Ökobank kritisch unter die Lupe nahmen und dann durch die Streichung weiterer „fauler Kunden“ (Förster) das Kreditportfolio bereinigten, mussten weitere Einzelwertberichtigungen vorgenommen werden. Verlust insgesamt: 16,6 Millionen Mark. Also alles vorbei für die Ökobank?

Im Prinzip ja – würde es da nicht die Sicherungseinrichtungen für Genossenschaftsbanken des Bundesverbandes der Volksbanken und Raiffeisenkassen (BVR) geben. Der so genannte Institutsschutz bietet Schutz vor der Insolvenz der Bank. Der BVR steht für die marode Bilanz gerade: Damit die Kunden der Ökobank nicht in Panik ihr Geld von den Konten räumen oder versuchen, ihre Fondsanteile zu verkaufen, und ihre Sparbriefe kündigen, und damit die Genossen nicht ihre Anteile abstoßen. Das wäre das tatsächliche Aus für die Ökobank. Der mit dem BVR noch abzustimmende, vom Vorstand erarbeitete Sanierungsplan basiere nämlich auf dem „Status quo“, so Banksprecherin Jutta Gelbrich. „Sanierungsfähig“ sei die Bank wegen ihrer Bilanzsumme von knapp 400 Millionen Mark, dem Kreditvolumen von rund 62 Millionen Mark, dem haftenden – anrechenbaren – Eigenkapitalanteil von knapp 7 Millionen Mark und wegen der treuen 23.693 Genossen (alles Stand 1998). „Ihr Geld ist sicher“, versicherte Vorstandsmitglied Förster den Kunden – wenigstens solange alle Kunden bei der Ökobank bleiben.

Förster und sein Vorstandskollege Volker Viehoff werden die Ökobank verlassen müssen. Sie tragen die Verantwortung für den unerwarteten Einbruch des Instituts. Bei der Sanierung will Förster noch mithelfen, Viehoff geht schon zum 31. Mai 2000. Noch im Geschäftsbericht für 1998 hatten Förster und Viehoff versichert, dass mit Kreditausfällen in größerem Umfang nicht zu rechnen sei. Die Erfahrung habe gezeigt, dass es der Ökobank immer wieder gelinge, gefährdete Engagements zu sanieren, hieß es selbstbewusst. Eine Fehleinschätzung. Die Ökobank muss jetzt selbst saniert werden. Aber wie? Ganz konventionell wahrscheinlich. Und ganz sicher unter der strengen Aufsicht des BVR.

Die Ökobank muss sparen. Aber auch in eine „rentable Betriebsgröße“ (Förster) hineinwachsen. Sparen und wachsen also. Der Sachaufwand wurde schon einmal radikal gekürzt. Durch eine Verbesserung der Betriebsabläufe sollen jetzt noch „Personalressourcen im Verwaltungsbereich“ eingespart werden. Betriebsbedingte Kündigungen werde es nicht geben, versichert Förster. Aber frei werdende Stellen würden nicht mehr besetzt. 100 Menschen arbeiten bei der Ökobank, auf 80 Stellen. Mehr Personal hingegen soll die werte Kundschaft betreuen; überwiegend am Telefon. Aber auch in den funktionierenden und prosperierenden Filialen in Frankfurt, Freiburg und Berlin. Der Service müsse aber verbessert werden. Der vorhandene Kundenstamm soll künftig mehr Geschäfte machen mit der Ökobank.

Holding soll Zukunft sichern

Zukünftiges Wachstum ist die Grundvoraussetzung für die Zustimmung des BVR zum Sanierungskonzept der Ökobank. Die „Unternehmensgruppe Ö“ wird sich mit dem Ziel umstrukturieren, die Ökobank mit dem Kerngeschäft zu entlasten. Die „Unternehmensgruppe Ö“ soll eine Art Holding werden: von den eigenständigen Töchtern Ökobank, Ökofinanz, Ökokonsult und Stiftung Ö & Co, die bislang noch zu 100 Prozent an die Ökobank angebunden waren. Lernen von Hoechst? Und dann von Aventis? Das sei im Prinzip richtig, sagt Bankensprecherin Gelbrich. Auch wenn sich weiter alles in den Bereichen Ökologie, Ökonomie und Soziales abspiele, müsse der Ökonomie mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Neben dem ökologischen Engagement der Bank erwarte die Kundschaft von der Bank auch Garantien für ihr ökonomisches Engagement. Die Holding biete den Vorteil, dass die einzelnen Unternehmen der Gruppe Ö dann eigenverantwortlich wirtschaften könnten – und zielgerichteter. Und in einem zweiten Schritt gehe es dann tatsächlich – wie bei Aventis – um die Zusammenarbeit mit anderen „etwas anderen Banken“ auf der europäischen Ebene. Auch um Fusionen? Das sei Zukunftsmusik, sagt Förster. Aber: „Never say never.“ Expansion durch Internationalisierung – ein Strategieworkshop im Dezember 1999 hat schon einmal Alternativbanken aus vier Ländern an einen Tisch gebracht. Und mit der Alternative Bank Schweiz (ABS) hat die Ökobank schon einmal eine Zusammenarbeit beim Benchmarking verabredet. Das ökonomische Ziel ist eine Bilanzsumme von 2 Milliarden Mark im Jahr 2010.

Eine außerordentliche – geheime – Vertreterversammlung hat am Wochenende den vorläufigen Sanierungsplan schon einmal abgesegnet. The beat goes on. Mit der Bankenaufsicht im Nacken.

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