: Waffen „made in Germany“
25.000 Beschäftigte stellen deutsche Waffen fürs Ausland her. Damit sichern Rüstungsexporte nur so viele Arbeitsplätze, wie es in der Lederindustrie gibt
BERLIN taz ■ Militärs aus aller Welt schwören auf das Zeichen „made in Germany“. Deutsche Panzer, Kampfhubschrauber und U-Boote sind bei ihnen besonders begehrt. Seit Jahren gehört Deutschland deshalb zur Spitze der internationalen Waffenhändlerstaaten: Nach den USA, Frankreich und Russland nimmt es weltweit den vierten Platz ein.
Genaue Zahlen über das Volumen der deutschen Waffenlieferungen ins Ausland sind jedoch Mangelware, denn bei diesem Thema ließ sich die Bundesregierung bisher nicht auf die Finger gucken. Streng geheim werden die Genehmigungen im Bundessicherheitsrat diskutiert, erteilt oder verweigert. Detaillierte Zahlen sind Verschlusssache.
Entsprechend variieren die in verschiedenen Berichten zusammengestellten Exportsummen: Das schwedische Sipri-Institut bilanzierte die Auslandslieferungen von deutschen Großwaffen wie Panzern, Schiffen oder Flugzeugen im Jahres 1998 auf 1,9 Milliarden Mark. Im Jahresbericht der Europäischen Union, der sämtliche gemeldeten Rüstungswaren auflistet – also auch Munition, Einzelteile und Kleinwaffen – ist von 5,6 Milliarden Mark die Rede. Damit liegt das Exportvolumen der deutschen Rüstungsindustrie ungefähr zwischen der zivilen Schifffahrts- und der Flugzeugindustrie.
Die Waffenproduzenten sind stets bemüht, die Wichtigkeit der Waffenproduktion für den deutschen Arbeitsmarkt zu betonen. Exakte Statistiken über die Beschäftigtenzahlen gibt es jedoch auch nicht. Weil die militärische Produktion immer enger mit der zivilen verzahnt wird, ist eine detaillierte Erfassung grundsätzlich schwierig. Das Bonner International Center for Conversion (Bicc) geht von insgesamt 25.000 Beschäftigten aus, die Kriegsgerät für das Exportgeschäft herstellen – von der Ingenieurin im Panzerwerk bis zum Hausmeister der Munitionsfabrik. Diese Zahl entspricht ungefähr der der Beschäftigten in der deutschen Lederindustrie.
Als Voraussetzung für Waffenexporte gilt die Nachfrage im eigenen Land. Denn diese setzt die Entwicklungs- und Produktionsmaschinerie der Waffenbauer erst in Gang. Bisher waren im In- und Ausland vor allem Großwaffen wie Panzer, U-Boote oder Kampfflugzeuge gefragt. „Aber Panzer- oder Flugzeugschlachten wird die Bundeswehr kaum noch führen“, sagt Michael Brzoska, der als Forschungsleiter bei Bicc arbeitet, „der Kalte Krieg ist längst vorbei.“
Auch Verteidigungsexperten prognostizieren, dass die neuen strategischen Aufgaben des Hauptabnehmers Bundeswehr, die im Zuge der Strukturreform und der europäischen Militärintegration anstehen, mit solcherlei Waffen nicht angepackt werden können. Der neue Schwerpunkt erfordere vielmehr moderne militärische Kommunikations- und Datenverarbeitungssysteme. Da dafür jedoch das Geld fehlt, erwartet Brzoska über kurz oder lang wieder Verkäufe aus den Lagern der Bundeswehr ins Ausland. Anders wären Investitionen in neue High-Tech-Instrumente für die Bundeswehr kaum finanzierbar.
Viele Unternehmen der Rüstungsbranche haben sich aufgrund der geänderten Nachfrage in den vergangenen zehn Jahren in die Herstellung ziviler Güter umorientiert. So produziert der Münchner Panzerbauer Krauss-Maffei seit einigen Jahren auch Maschinen für die Herstellung von Großplastikteilen.
Ob der im Mai erstmals erscheinende Rüstungsexportbericht mehr Klarheit über die ökonomische Bedeutung der Rüstungsindustrie bringen wird, bezweifelt Brzoska: „Die nachträglichen Berichterstattung ermöglicht leider keine Prognosen.“
KATJA TRIPPEL
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