: In der Geiselhaft der Parteirechten
Nur knapp ist David Trimble als Vorsitzender der nordirischen Unionisten wieder gewählt worden. In allen inhaltlichen Fragen aber setzten sich die Hardliner durch. Für den Friedensprozess bleibt kaum noch Verhandlungsspielraum
aus Dublin RALF SOTSCHECK
Es war ein Sieg, mit dem er nichts anfangen kann: Zwar wurde Nordirlands Unionistenchef David Trimble beim Parteirat seiner Ulster Unionist Party am Samstag als Vorsitzender wiedergewählt, doch der Sieg gegen Herausforderer Martin Smyth war so knapp, dass Trimble künftig kaum noch Spielraum hat. Er sei „die Geisel seines rechten Parteiflügels“, schrieb seine Sonntagszeitung. Smyth, der gegen das britisch-irische Abkommen vom Karfreitag 1998 ist, erhielt gut 43 Prozent der Stimmen, Trimble, der das Abkommen ausgehandelt hatte, bekam knapp 57 Prozent.
Die Wahl war von beiden Seiten als Referendum über den nordirischen Friedensprozess deklariert worden. Um den steht es nun schlecht, zumal die Parteigenossen ihrem Chef noch ein Ei ins Nest legten: Er darf nur dann über eine Wiedereinsetzung der nordirischen Regionalregierung verhandeln, wenn die vorgesehene Umbenennung der nordirischen Polizei, der „Royal Ulster Constabulary“, ausgesetzt wird.
Die Regionalregierung war im Februar von der britischen Regierung suspendiert worden. Man wollte damit Trimbles Haut in der eigenen Partei retten. Im November hatte er den Parteirat nur mit Mühe dazu überreden können, einer Regierungsbildung mit der IRA-nahen Sinn Féin zuzustimmen, ohne dass die IRA zuvor ihre Waffen ausmustert. Trimble musste ein Rücktrittsschreiben für den Fall hinterlegen, dass die IRA binnen drei Monaten nicht mit der Abrüstung begonnen habe.
Seitdem wird hinter den Kulissen über eine Wiedereinsetzung der Regionalregierung verhandelt. Eine Formel hatte man auch bereits gefunden: Die IRA sollte erklären, dass „der Krieg für immer vorbei“ sei, die Regierung in London sollte daraufhin die Polizei- und Justizreform vorantreiben sowie ihre Truppenpräsenz in Nordirland stark reduzieren. Nach einer IRA-Zusage, mit der Waffenabgabe innerhalb von drei bis sechs Monaten zu beginnen, hätte die Regionalregierung wieder eingesetzt werden können.
Trimble hatte vor zehn Tagen angedeutet, dass er flexibel sei, was die Abrüstung angehe. Die Hardliner, also fast die Hälfte seiner Partei, warfen ihm daraufhin einen Ausverkauf der unionistischen Interessen vor. Deshalb trat Smyth gegen Trimble an.
Die beiden sind alte Rivalen. 1995, nach dem Rücktritt von Jim Molyneaux, der die Partei 17 Jahre geleitet hatte, kandidierten fünf Männer um die Nachfolge. Trimble gewann, Smyth wurde Letzter. Er hatte sich um alle Chancen gebracht, als er zu einer Großdemonstration gegen das anglo-irische Abkommen von 1985 – den Vorläufer des Karfreitagsabkommens – aufrief. Statt der angekündigten 300.000 tauchten nur 3.000 Menschen auf.
Smyth wuchs in einem loyalistischen Viertel Belfasts auf und studierte am Methodist College in der nordirischen Hauptstadt und am Trinity College in Dublin. 1957 wurde er presbyterianischer Pfarrer. 1972 wählte man ihn zum Großmeister des Oranier-Ordens, 24 Jahre blieb er Chef dieses zutiefst antikatholischen Männerbundes. Seit 1982 ist er Unterhausabgeordneter. Ein einziges Mal in seiner politischen Laufbahn zeigte er sich kompromissbereit: 1993 schlug er vor, Sinn Féin an Verhandlungen zu beteiligen, falls die IRA ihre Waffen abgebe. Für diese Bemerkung wurde er von seiner eigenen Partei abgemahnt. Schärfster Kritiker war damals David Trimble.
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