: Bankrotteur gefasst
Kriminalpolizei schnappt den Balsam-PleitierKlaus Schlienkamp im Ausland
BIELEFELD dpa/ap ■ Der flüchtige Finanzchef des bankrotten Sportbodenherstellers Balsam, Klaus Schlienkamp, ist in der Nacht zum Dienstag festgenommen worden. Die Kriminalpolizei spürte den Wirtschaftskriminellen im Ausland auf. Das teilte gestern die Staatsanwaltschaft Bielefeld mit.
Schlienkamp war im September vergangenen Jahres in Abwesenheit wegen Betrugs in Milliardenhöhe zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Er gilt als eine der Hauptfiguren im so genannten Balsam-Skandal, der als eine der größten Wirtschaftsstraftaten in die Kriminalgeschichte der Bundesrepublik eingegangen ist.
Schlienkamp hatte als einziger der beteiligten Manager ein umfassendes Geständnis abgelegt. Vor dem Prozess hatte er sich allerdings abgesetzt und bei seinem Verschwinden Selbstmord angekündigt. Gerüchten zufolge soll er die letzten eineinhalb Jahre in der Karibik verbracht haben. Da sein Verteidiger Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt hat, ist dieses noch nicht rechtskräftig.
Außer Schlienkamp war auch der Unternehmer Friedel Balsam wegen schweren Betruges zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Die Balsam AG im westfälischen Steinhagen war bis zu ihrem Konkurs 1994 einer der weltweit führenden Hersteller von Kunstrasen, Sporthallenböden und Tennisplatzbelägen. Das Unternehmen beschäftigte 1.600 Mitarbeiter in 30 Filialen in Deutschland, Europa, Australien und den USA. Das in rasendem Tempo vorangetriebene Wachstum führte schließlich zum Kollaps des Unternehmens.
Die Manager versuchten vergeblich, den seit 1984 drohenden Ruin mit so genannten Luftgeschäften aufzuhalten. Den Ermittlern zufolge ließen sie jahrelang vorgetäuschte oder im Wert überhöhte Aufträge von dem Wiesbadener Inkassounternehmen Procedo vorfinanzieren. Als das Schneeballsystem 1994 platzte, tat sich bei den finanzierenden Banken plötzlich ein Finanzloch auf. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld schätzt den Schaden zuerst auf 2,7 Millarden Mark.
Das Landgericht Bielefeld ging nach einem mehr als drei Jahre dauernden Prozess davon aus, dass durch die Betrügereien Schlienkamps, seines Chefs Friedel Balsam und weiterer Beteiligter 45 Banken um rund 1,3 Milliarden Mark geprellt worden waren. Insgesamt waren 250 Zeugen vernommen worden.
Nach einem halben Jahr hatte sich zuerst der ebenfalls Angeklagte Procedo-Prokurist Ulrich Brandenberger in die Schweiz abgesetzt.
Knapp sechs Monate später tauchte Klaus Schlienkamp unter. Zuvor hatte er in Bielefeld Anlagefirmen gegründet, mit denen er neue betrügerische Geschäfte begangen haben soll.
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