: Das Phantombild des Kultursenators
Nach dem Rücktritt Christa Thobens spukt es in der Stadt. Das Gespenst hat zwar noch keinen Namen, aber schon viele Eigenschaften
Der Neue muss ein HOHLKOPF sein. Seine Vorgänger hatten für den Job zu viel Hirn: Roloff-Momin war zu intellektuell, Radunski zu raffiniert, Thoben zu analytisch. Dass die Dame einen Kopf besaß, störte auch ihr Verhältnis zum Landesvater. Einen Menschen völlig ohne graue Zellen gibt es leider nicht. Da hilft nur: wegducken.
Starke SCHULTERN braucht der Mann – oder die Frau. Schwer lasten drei teure Opernhäuser. Die Kosten wachsen dem Senator schnell über den Kopf. Lässt er eine der Bühnen fallen, gibt es Scherben: Empfindliche Einschnitte drohen. Fürs Wundenlecken bleibt dann keine Zeit. Schrille Töne lassen nicht lange auf sich warten.
Ein HERZ für Krankenschwestern, darauf kommt es an. Keine Kündigungen an der Charité, so hat es Chefarzt Diepgen selbst verordnet. Doch die Blutreserven werden knapp, seit die Kassen nicht mehr spenden wollen. Da hilft nur eine Notoperation. Egal, ob der Senator in Ost oder West amputiert: Der Phantomschmerz bleibt.
Mindestens zweimal pro Woche, sagt Staatsminister Naumann, habe er der Exsenatorin die HAND geschüttelt. Am Schluss muss das Greiforgan der robusten Frau ganz zerquetscht gewesen sein. Für den Umgang mit dem Bund braucht der Kandidat ein kräftiges Greiforgan – Ausdruck seines einnehmenden Wesens.
SCHAMLOS muss er sein, der Kandidat. Allen in die Tasche greifen. Schnipp, schnapp, Subventionen weg. Aufjaulende Intendanten kurzerhand für impotent erklären. Sie so lange quälen, bis sie nur noch mit Engelszungen singen. Wie Kastraten in der Barockoper. Auch wenn Kulturmenschen ihn für einen Sittenstrolch halten.
Stehvermögen allein genügt nicht. Der neue Senator muss auch schnell davonlaufen können. Sonst fallen ihm, während er sich noch im Kulturkampf Blasen läuft, die Universitäten auf die FÜSSE. Drückt der Sparschuh? Oder ist das Ressort doch eine Nummer zu groß? Darüber sollte der Kandidat diesmal rechtzeitig nachdenken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen