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Innig umschlungen

Vor dem DEL-Halbfinale gegen die Berliner Capitals üben sich die Kölner Haie tapfer im Trash Talk

BERLIN taz ■ Eishockey ist eine Sportart, die am besten in Nordamerika gedeiht. Die National Hockey League ist die bedeutendste Liga der Pucktreiber weltweit, und auch in Europa ist der Einfluss aus Übersee spürbar. Viele ehemalige NHL-Cracks spielen in der deutschen Profiliga DEL. Die pflegen nicht nur die beinharte Gangart von drüben, sondern sie haben auch ihre sprachlichen Gepflogenheiten auf den alten Kontinent mitgebracht, die vor allem dann zum Vorschein kommen, wenn die Zeit der Playoffs angebrochen ist.

An Europa hängt die Geschichte ja oft wie eine Last. Schwer wiegt hier zu Lande zum Beispiel der Altgrieche Aristoteles. Der hat vor einiger Zeit den Pathos in die Rethorik eingeführt, um mit den Affekten eleos und phobos Jammern und Schaudern beim Zuhörer auszulösen. Später dann wurde allzu pathetische Rede als hohl und lächerlich empfunden. Das alles stört die Amis nicht, und die amerikophilen Anhänger des Eishockeysports in Augsburg, Schwenningen oder Rosenheim auch immer weniger. Wenn ein Eishockeymagazin also jene Zeit der Playoffs dramatisch beschreibt, dann will der Puckfan genau das lesen: „Playoffs, das ist Nervenkitzel pur, Spannung bis zur Extase, Freud und Leid dicht beieinander, innig umschlungen, bis, ja bis oft ein einziges Törchen sie auseinander reißt, sie trennt – in Sieger und Verlierer.“

Die Berlin Capitals haben sich der beschriebenen Gefühlslage schon mal bedrohlich genähert, denn in der ersten Runde der im Modus best of five ausgetragenen Playoffs ging es knapp zu gegen die Krefelder Pinguine. Erst im fünften Spiel wurde der Gegner bezwungen. Etwas entspannter erlebten die Kölner Haie die Erstrundenmatches. Sie brauchten nur drei Spiele, um Augsburg zu bezwingen. Dadurch gewannen sie mehr Zeit zur Vorbereitung auf das Aufeinandertreffen mit den Hauptstädtern. Heute um 15 Uhr beginnt in der KölnArena das Halbfinal-Duell zwischen Haien und Capitals. Am Sonntag folgt bereits das zweite Spiel in Berlin, in der Eishalle an der Jafféstraße. Den Finalgegner ermitteln München Barons und Kassel Huskies.

Köln gilt neben den München Barons als Titelaspirant. Kölns Coach Lance Nethery nimmt mit den Haien Anlauf auf seinen vierten DEL-Titel. In den vergangenen drei Jahren war der 43-Jährige mit den Mannheimern erfolgreich. Die Berliner will er mit recht einfachen Mittel besiegen: „Jeder Spieler muss seine Aufgabe genau kennen. Wirklich genau“, erläutert er. „Und er muss wissen, was er tun muss. Da ist kein Platz für Kompromisse.“ Die Scheibe müsse härter als sonst gespielt und noch konzentrierter zum Bully oder Check gegangen werden. „Mein Team kann sich in den Playoffs um 20 Prozent steigern. Was das heißt, dürfte den Capitals klar sein“, warnt er.

Capitals-Coach Michael Komma dagegen vertraut auf die Kollektivkraft seines Teams. „Bei uns ist jeder für den anderen da“, sagt er und natürlich weiß er auch, dass Nethery aus Kanada kommt. Da gehört es zum Geschäft, ein bisschen Trash Talk zu führen. Einfach so. MARKUS VÖLKER

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