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Hohe Verluste in Tschetschenien

Moskau muss eingestehen, dass eine Eliteeinheit in einem Hinterhalt tschetschenischer Rebellen stark dezimiert wurde. Minen erschweren die Bergung der Leichen. UN-Kommissarin Mary Robinson über Lage der Flüchtlinge „schockiert“

aus moskau KLAUS-HELGE DONATH

In Tschetschenien sind am Samstag 32 Leichen von Angehörigen einer russischen Elitetruppe entdeckt worden. Die Soldaten waren am Mittwoch in einen Hinterhalt tschetschenischer Rebellen geraten. Inzwischen räumte auch das russische Verteidigungsministerium, das zunächst nur von sieben Gefallenen und 30 Vermissten ausgegangen war, die hohen Verluste ein.

Verteidigungsminister Marschall Igor Sergejew, der zur Zeit einem Manöver der GUS-Staaten in Tadschikistan beiwohnt, kündigte entschiedene Maßnahmen an: „Der Grund für das, was passiert ist“, sagte Sergejew in Duschanbe, „hängt mit dem fehlerhaft zentralisierten Management und einem Mangel an effizienter Abstimmung zwischen Offizieren des Innen- und Verteidigungsministeriums zusammen.“

Auf die fehlende Koordination zwischen den rivalisierenden Truppen des Innenministeriums und des Verteidigungsministeriums haben schon verschiedene Beobachter im Laufe des Krieges hingewiesen. Auch darauf, dass die offen feindseligen Kompetenzstreitigkeiten vielen Soldaten das Leben gekostet hätten. Beide Ministerien wiesen die Kritik stets weit von sich.

Der Frühlingsbeginn im Süden stellt die russische Armee, die den Feldzug eigentlich beendet haben wollte, vor eine schwere Aufgabe. Gegen das Bündnis aus Partisanen und Natur in den Bergen der abtrünnigen Republik Tschetschenien ist die Armee nicht gewappnet. Dafür spricht der steigende Blutzoll der letzten Wochen. Bereits Anfang März waren Einheiten aus Pskow und der Umgebung Moskaus im Süden aufgerieben worden. Über 100 Militärs kamen dabei ums Leben.

Die 41 Soldaten einer Eliteeinheit des Innenministeriums aus der Stadt Perm waren am Mittwoch in der Nähe der Ortschaft Dargo auf dem Weg nach Dschani-Wedeno tief im bergigen Hinterland in einen Hinterhalt geraten. Ein Hilfskommando, das aus Wedeno anrückte, erlitt ebenfalls schwere Verluste. Von den 32 Gefallenen konnten bisher nur 25 identifiziert werden. Drei Tage brauchten russische Einheiten, um sich zum Ort des Geschehens durchzuschlagen. Laut einem Militärsprecher sei die Suche erheblich durch die Verminung des Gebiets erschwert worden.

General Waleri Manilow gab unterdessen die gesamten Verluste der Russen seit Kriegsbeginn im September mit 2.036 Gefallenen und 6.076 Verletzten an. Die Zahl der tatsächlichen Opfer dürften weit höher sein. Manilow hatte noch vor kurzem behauptet, die Schlagkraft der Rebellen sei gebrochen und ihre Kommandos desorganisiert. Gestern warnte er in Moskau: „Man darf den Feind nicht unterschätzen.“

Vieles spricht dagegen, dass die Armee den Süden noch unter ihre Gewalt zwingen kann. Die Rebellen scheinen sich ungehindert zu bewegen und in Dörfer einzusickern, die als „befreit“ galten. Umso brutalere Vergeltungsmaßnahmen wird die Armee an der Zivilbevölkerung vornehmen. Die Organisation Human Rights Watch dokumentierte allein vertgangene Woche 120 Exekutionen, die die Armee an Zivilpersonen verübte. Am Freitag seien sieben Hinrichtungen in Gechi-Chu hinzugekommen.

Seit Samstag hält sich auch UN-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson in Russland auf. In Inguschetien inspizierte sie Zeltstädte tschetschenischer Flüchtlinge. Die russische Agentur Interfax meldete, Robinson sei nach dem Besuch der Lager „schockiert“ gewesen, verschwieg aber die Flüchtlingsberichte über Folterungen und willkürlichen Hinrichtungen.

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