: „Anhörung ist Wahlkampf“
PDS-Bildungsexpertin Maritta Böttcher ist sauer über das heutige Bafög-Hearing
taz: Heute zerbricht sich der Bundestag in einer Anhörung mit klugen Experten den Kopf über ein besseres Bafög. Und die PDS gibt böse Erklärungen heraus, dass sich bei der Ausbildungsförderung nichts tut. Was ärgert Sie?
Maritta Böttcher: Diese Anhörung ist Wahlkampf der FDP für Jürgen Möllemann – der selber Vorsitzender des Bildungsausschusses ist. Ich bin gar nicht gegen eine Anhörung, aber wenn, dann bitte vorbereitet. Es liegt kein diskutabler Gesetzentwurf der Regierung vor. Da kann nicht viel herauskommen.
Die Bundesregierung will 500 Millionen Mark mehr ins Bafög investieren. Was stört sie an dem Plan?
Dass er wieder nur eine Reperaturnovelle der Ausbildungsförderung beschreibt wie bei Schwarz-Gelb. Die heutige Bundesregierung hatte im Wahlkampf etwas ganz anderes angekündigt als das Bafög-Klecker-System. Die so genannten Eckpunkte sind noch nicht in Gesetzesform. Wir wissen also gar nicht, mit wie viel Geld Studierende künftig auskommen sollen. Ich befürchte, es wird wieder nur ein Zubrot. Rot-Grün denkt gar nicht daran, den sozialen Numerus Clausus an den Unis zu beseitigen.
Was wären Ihre Vorschläge für ein besseres Bafög?
Prinzipiell plädiert die PDS für eine soziale Grundsicherung, die für alle gelten soll – auch für Studierende. Aber das ist Zukunftsmusik. Für den Moment machen wir daher bei der konkreten Ausgestaltung eines Bafögs für alle mit. Unser Fundament besteht dabei aus der Zusammenfassung aller Sozialtransfers, also Kindergeld, Freibeträge und so weiter. Darauf muss dann auf ein Niveau aufgestockt werden, mit dem Studierende überleben können, also rund 1.250 Mark. So wäre es auch Kindern aus sozial schwachen Familien möglich, an einem Studium teilzunehmen.
Was halten Sie von dem Vorschag, dass Studierende künftig billige Bildungskredite am freien Markt aufnehmen können?
Von solchen Krediten halte ich überhaupt nichts. Studierende verschulden sich schon jetzt in einer Art und Weise, die nicht zu billigen ist. Für mich sind diese Bildungskredite nur Beleg einer schleichenden Privatisierung des Bildungswesens. Damit will man letztlich nur Studiengebühren rechtfertigen. Das ist unsozial, das lehnen wir ab.
Interview: CHRISTIAN FÜLLER
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