: Mehr Sonne auf die Dächer
Geschickte Werbung in Osnabrück sorgte in einer Woche für Rekord bei Anträge auf Solaranlagen
FREIBURG taz ■ Wirtschaftsförderung muss nicht zwangsläufig Geld kosten. Manchmal reicht schon eine pfiffige Idee. Ohne nur einen einzigen Pfennig für Zuschüsse ausgeben zu müssen, hat die Stadt Osnabrück jetzt ihren örtlichen Solar-Handwerksbetrieben ein Auftragsvolumen von bis zu 30 Millionen Mark vermittelt.
Allein eine geschickte Marketingkampagne des Umweltamtes hat den Osnabrücker Solarboom bewirkt. „Wir haben in der Presse auf die neue Bundesförderung hingewiesen – mehr nicht“, sagt Energie-Ingenieurin Ute Fritsch-Riepe vom Umweltamt. Und schon „ging die Post ab“. Binnen vier Wochen konnten die acht Solarfachbetriebe in der Stadt auf diese Weise 900 Angebote für Solarstromanlagen abgeben, manche für Großanlagen bis 100 Kilowatt – und das in einer Stadt, die bis heute mit nur 41 Anlagen auf ihren Dächern nicht den Ruf einer Solarstadt genießt.
Wie viele der geplanten Anlagen realisiert werden, ist derzeit zwar noch nicht absehbar. Aber Ingenieurin Fritsch-Riepe erwartet, dass Osnabrück nun in die Liga der Solarstädte eintritt. Andere Kommunen haben die Möglichkeit, auf diese Weise Investitionsmittel hereinzuholen, wohl nicht begriffen. Denn sonst hätte es ähnliche Aktionen in jeder Stadt geben müssen. Schließlich gelten die Bedingungen für Solar-Investitionen überall.
Vom 1. April an bekommt jeder Erzeuger für seinen Solarstrom 99 Pfennig je Kilowattstunde vergütet. Wer schnell genug war, konnte gleichzeitig das 100.000-Dächer-Programm der Kreditanstalt für Wiederaufbau nutzen, das einen zinslosen Kredit über zehn Jahre umfasst. Für diese Doppelförderung hatte das Osnabrücker Umweltamt wiederholt geworben und damit offensichtlich genau die Bedürfnisse der Bürger getroffen.
Aber auch in anderen Städten haben in den vergangenen Wochen viele die Chance genutzt, unter günstigen Konditionen an eine Solaranlage zu kommen. Bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gingen in dieser Woche täglich rund 500 Anträge für das 100.000-Dächer-Programm ein – nachdem es im vergangenen Jahr gerade 3.600 waren. „Binnen 14 Tagen kann die Kreditanstalt in der Regel die Zusagen erteilen“, verspricht KfW-Mitarbeiterin Anja Bukowski.
Wie es weitergeht mit dem 100.000-Dächer-Programm, ist unterdessen noch offen. Bislang gab es den zinslosen Kredit für die Gesamtinvestitionen nämlich nur dort, wo keine erhöhte Einspeisevergütung bezahlt wurde. Seitdem die Vergütung mit dem heutigen Tag auf 99 Pfennig erhöht wurde, kann auch das 100.000-Dächer-Programm nicht mehr vollständig genutzt werden. Dies war auch der Grund, warum es in den vergangenen Wochen zum Solar-Boom kam: Wer bis gestern den Kredit beantragte, konnte ihn komplett in Anspruch nehmen, weil zum Zeitpunkt des Anträge – und der gilt als Maßstab – noch keine erhöhte Vergütung bezahlt wurde. Mit der Förderzusage in der Tasche können die Investoren nun die Anlage errichten und bekommen zudem 99 Pfennig je Kilowattstunde bezahlt. Möglicherweise wird das 100.000-Dächer-Programm aber nun nachgebessert. In der Bundesregierung gibt es eine starke Fraktion, die das Programm für private Solaranlagen auch weiterhin für die Gesamtinvestitionen anbieten möchte – dann würde der Solarboom erst richtig losgehen.
BERNWARD JANZING
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