tarifpolitik: DIE BVG STECKT FEST
Es ist ein Elend mit der BVG: Jährlich erhalten die Verkehrsbetriebe von der öffentlichen Hand stolze 820 Millionen Mark – und fahren immer noch ein Minus ein. Nun ist kein öffentlicher Nahverkehr kostendeckend, Millionenzuschüsse der Länder und Kommunen sind überall nötig. Unzweifelhaft ist auch, dass diese öffentlichen Gelder eine Infrastruktur-Investition sind, die nötig ist, wenn man den Verkehrs-GAU auf den Straßen verhindern will. Aber klar ist auch: Wenn schon jeder Steuerzahler so viel Geld für seine U-Bahnen, Trams und Busse zahlen muss, dann will er nicht auch noch am Ticket-Schalter ausgenommen werden.
Genau das aber ist bei der BVG derzeit der Fall: Getreu jahrzehntelang eingeübter Betonpolitik fällt der Anstalt des Öffentlichen Rechts ob leerer Kassen nicht mehr ein, als die Kosten für die Fahrscheine erneut zu erhöhen. Schließlich müssen die Quasibeamten des Unternehmens bezahlt werden. Dabei zeigt etwa der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr wie es auch geht: Dort wurden die Tarife 1992 um 30 Prozent gesenkt, ohne dass es zu Einkommenseinbußen des Verbundes kam. Denn mehr Ruhrpottler und Rheinländer als vorher nutzten damals die öffentlichen Verkehrsmittel, angelockt von Niedrigpreisen.
Doch die BVG will das nicht schaffen. Ihr fehlt die Einsicht, dass sie sonst weiter in die verkehrspolitische und unternehmerische Sackgasse fährt.
In den kommenden Jahren wird die EU die Liberalisierung des Verkehrsmarktes durchsetzen. Da wird die teure BVG nicht bestehen. Zwar hat der Senat jahrelang die Mittel für die BVG gekürzt und trägt somit Mitschuld an der verfahrenen Lage. Doch jetzt baut Verkehrssenator Peter Strieder (SPD) goldene Brücken. Er fordert nicht nur Fahrpreissenkungen, sondern würde sie notfalls sogar finanzieren. Dennoch weigern sich die Verkehrsbetriebe auf Strieders Kurs umzuschwenken. Die BVG hat den Abzweig Richtung Zukunft verpasst.
PHILLIP GESSLER
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