: Senegal feiertden Machtwechsel
Mit dem Amtsantritt des neuen Präsidenten Abdoulaye Wade soll der Aufschwung beginnen
DAKAR taz ■ „Olé, Olé“, erklang es aus über 70.000 Kehlen im hoffnungslos überfüllten Nationalstadion in Dakar, nachdem der neue Präsident Senegals, Abdoulaye Wade, seinen Amtseid geleistet hatte. Es war Samstagnachmittag und eine Stimmung wie beim Fußball.
Doch so soll es nicht weitergehen. „Es muss gearbeitet werden, viel gearbeitet werden, immer gearbeitet werden“, rief Wade der jubelnden Masse zu. Noch vor den großen Feierlichkeiten forderte er zu einer großen Saubermachaktion auf. Der Abfall in den Straßen Dakars sollte verschwinden. Doch der Appell „Set Setal“, „Mach sauber“, scheiterte an der maroden Müllabfuhr. Zehn der zwölf großen Müllwagen der Stadt hatten vergangene Woche eine „Panne“.
Wade hatte seine Amtseinführung kurzfristig aus der Nationalversammlung ins Nationalstadion verlegt. Die Jugend feierte beim anschließenden Konzert ihren „Papa des Wandels“. Nach 26 Jahren in der Opposition hatten die Senegalesen ihn am 19. März zu ihrem neuen Staatschef gewählt. Dem ersten Machtwechsel in der Geschichte Senegals seit der Unabhängigkeit 1960 soll nun der politische und wirtschaftliche Aufbruch folgen.
Noch wird jedoch gefeiert. Direkt im Anschluss an seine Wahl veranstaltete Wade zwei große Konzerte. Verschiedene Discos luden zur „Party des Wandels“. Gestern nun folgte der Nationalfeiertag, aus Anlass des 40. Jahrestages der senegalesischen Unabhängigkeit.
Am Montagabend dann benannten Wade und sein Premierminister Moustapha Niasse die neue Regierungsmannschaft. 26 Minister, darunter vier Frauen, werden sich die Regierungsarbeit teilen. Darüber hinaus verschaffte er seinem Stellvertreter in der Demokratischen Partei Senegals (PDS), Idrissa Seck, den Posten des Staatsministers. Vor den Wahlen hatte Wade noch versprochen, die Zahl der Ministerien deutlich zu verringern. Es werde höchstens 19 Ministerstellen geben, kündigte er an.
Auch geriet Idrissa Seck bereits in die Kritik. Er habe sich in die Berichterstattung des nationalen Fernsehsenders über die Vereidigungsfeier eingemischt. Wade hatte stets die Abhängigkeit der staatlichen Medien von der Regierung moniert. Die private Tageszeitung Walfadjri fand zudem die inszenierte „Wade-man-show“ höchst suspekt. Wade lasse sich selbst von engen Vertrauten nur noch mit „Monsieur le Président“ anreden. Die eigens von ihm komponierte „Hymne für Afrika“ könne auch als Zeichen der senegalesischen Arroganz gedeutet werden. Eine solche Selbstverherrlichung könne schnell zu Unfrieden mit den Nachbarstaaten führen.
Doch ist gerade die afrikanische Einheit einer der großen Programmpunkte der neuen Regierung. Wade strebt eine Staatenkonföderation in Westafrika ähnlich der der USA an. „Ich könnte mir gut vorstellen, den Posten des Gouverneurs von Senegal zu akzeptieren. Schließlich hat der Gouverneur von Kalifornien mehr Mittel als der Präsident Senegals“, erklärte er. Sein erster Amtsbesuch soll Wade nun in das südliche Nachbarland Guinea-Bissau führen. Die dortige Regierung spielt eine Schlüsselrolle im Friedensprozess in der Casamance, der südlichen Region Senegals. Dort kämpfen Rebellen seit 18 Jahren für die Unabhängigkeit. Wade hatte sich die Schlichtung dieses Konfliktes zur Aufgabe gemacht.
Auch die Ausbildung für die Jugend steht auf seiner Liste ganz oben. Doch sorgte er hier bereits für Verwirrung. „Ich habe ihnen keine Arbeitsplätze versprochen“, sagte er in einem Interview der Wochenzeitschrift Jeune Afrique. Seinem Idolcharakter hat dies indes noch nicht geschadet. Der „Wade-Look“, Hosenträger, blaues Hemd und eine Glatze, ist die aktuelle Mode in Dakar.
Der Stolz auf den politischen Wandel überwiegt. „Die Demokratie existiert, und sie ist zugänglich für die Afrikaner. Die Senegalesen haben es bewiesen“, verkündete Wade am Samstag, und zehntausende zu Victory-Zeichen erhobene Hände gaben ihm Recht. VERONIKA EGGERSLUSZ
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen