Vier gaullistische Kandidaten

Nun will auch noch Ex-Premierminister Balladur Pariser Bürgermeister werden

PARIS taz ■ Mit dem zähnebleckenden Grinsen, das die französischen Karikaturisten an ihr schätzen, gab die Chefin der neogaullistischen RPR, Michèle Alliot-Marie, gestern Mittag die vierte Kandidatur aus den Reihen ihrer eigenen Partei für das Rathaus in Paris bekannt. Dieses Mal ist es Ex-Premierminister Edouard Balladur, der den Posten im schönsten Büro Frankreichs anstrebt. Das Chaos bei den Pariser Rechten, dem eine hinter einem einzigen sozialistischen Kandidaten geeinte Linke gegenübersteht, ist damit noch ein bisschen größer geworden.

Der Mann mit den weinroten Socken und dem Tremolo in der Stimme, der demnächst 71 wird, hätte den Traumjob schon vor Jahren haben können. Damals sogar ohne das Risiko von Wahlen, denn sein Parteifreund seit 30 Jahren, Jacques Chirac, hatte ihn als Nachfolger im Pariser Rathaus vorgesehen. Das Kalkül ging nicht auf, weil Balladur zwischenzeitlich selbst Appetit auf den Elysée-Palast entwickelte und sich darum bewarb.

So kam es 1995 zu dem tumultartigen Neogaullisten-Duell um die Staatspräsidentschaft. Am Ende siegte Chirac. Balladur ging leer aus. Und das Pariser Rathaus bekam ein gewisser Jean Tiberi, der zuvor jahrelang im Schatten Chiracs gedient hatte.

Seither ist auch Tiberi in der neogaullistischen RPR und bei seinem früheren Mentor Chirac in Ungnade gefallen. Ohne deren Unterstützung will Tiberi, der sich selbst „einen der ältesten Gaullisten“ nennt, ganz allein in die Komunalwahlen des kommenden Jahres ziehen.

Neben Balladur und Tiberi kandidieren auf der Rechten bislang eine Frau, die aus dem Schatten Tiberis kommt, Françoise de Panafieu, sowie der frühere RPR-Chef, Philippe Séguin, um den Rathausposten. RPR-Gründer Chirac, der sich aus dem Elysée-Palais heraus weiterhin in das innerparteiliche Getümmel einmischt, scheint heute Séguin zu favorisieren. Obwohl der in der französischen Rechten als „unberechenbar“, „antieuropäisch“ und „Chirac-Kritiker“ gilt. Erst im Juni will RPR-Chefin MAM das Machtwort darüber sprechen, wer für ihre Partei in den Pariser Wahlkampf ziehen darf.

DOROTHEA HAHN