press-schlag: DFB-Teamchef Erich Ribbeck ist endgültig zur Stufe der Unfähigkeit aufgestiegen
VOM PETER-PRINZIP ZUM ERICH-PRINZIP
Meinungsfreiheit, das lehrt der Fall Jeremies einmal mehr, greift immer nur so weit, wie es das Regelwerk einer Hierarchie ermöglicht. Klar: Wer schon einmal in demokratiefreien Zonen wie Stadttheatern oder öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gearbeitet hat und womöglich sogar noch seine Meinung gesagt hat, der fragt sich, warum es ausgerechnet in der Fußball-Nationalmannschaft aufgeklärter zugehen soll.
Das Ribbecksche Disziplinierungsmittel der zeitlich begrenzten Suspendierung ist aber selbst innerhalb der absurden Logik von Hierarchien kaum zu begreifen. Entweder es herrscht Meinungsfreiheit: dann braucht man niemanden zu suspendieren. Oder es herrscht keine Meinungsfreiheit: dann muss der Mann für immer gefeuert werden. Ribbecks Teilsuspendierung erklärt sich durch Unfähigkeit.
Wir erinnern uns: Schon 1970 schrieben Peter und Hull in ihrem „Peter-Prinzip“ die weisen Worte: „In einer Hierarchie neigt jeder Beschäftigte dazu, bis zur Stufe seiner Unfähigkeit aufzusteigen.“ Ribbeck ist ein Sonderfall; er wäre ja als Derwalls Assistent nach dessen Abgang schon fast Bundestrainer geworden und hätte damit bereits in den 80er Jahren „die Stufe seiner Unfähigkeit“ erreicht.
Im Falle Ribbecks scheint es aber noch eine Spezialregel zu geben, die den Autoren entging: „Ist ein Beschäftigter in einer Hierarchie gescheitert, bevor er die Stufe seiner Unfähigkeit erreicht hat, so kann er diesen Schritt zu einem späteren Zeitpunkt nachholen, vorausgesetzt, die Qualität der gesamten Hierarchie sowie die Qualität ihrer Urteilskraft sind inzwischen so gesunken, dass der Gescheiterte eine zweite Chance erhält und nunmehr die Stufe seiner Unfähigkeit sofort erreichen kann.“
So stimmt’s, das Ribbeck-Prinzip. Erdacht wurde es für einen Bundestrainer, der nach einigen Jahren Berufserfahrung einen Wolfsburger Debütanten gegen Holland auf einer Position spielen ließ, die dem jungen Mann bisher unbekannt war; es stimmt für einen Bundestrainer, der offenbar die Absicht hat, Häßler nicht einmal als Ersatzmann zur EM mitzunehmen, und es trifft auf einen zu, der die Qualität der Nationalmannschaft unbegreiflicherweise noch unter jenes Niveau gedrückt hat, das Berti Vogts mit ihr in seiner Endzeit erreichte.
Wenn diese Truppe bei der Europameisterschaft in der Vorrunde ausscheidet, dann wird ein ganzes verkorkstes Nationalmannschaftsjahrzehnt wohl endlich vorbei sein. Es sei denn, Stielike wird dann Trainer. KLAUS NOTHNAGEL
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