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Proteste gegen Weltbank und IWF

Am Wochenende findet in Washington die Frühjahrstagung statt. Im Vorfeld soll es Demonstrationen geben. Anders als im Herbst bei der Welthandelskonferenz in Seattle gehen in der US-Hauptstadt professionelle Lobbyisten auf die Straße

aus Washington PETER TAUTFEST

Zum Klang dreier Schofars, der traditionell zum jüdischen Neujahr geblasenen Widderhörner, schlossen einige tausend Demonstranten am Sonntag nachmittag eine Menschenkette um das Capitol in Washington. Die Aktion der Initiative „Jubilee 2000“ stand symbolisch für die Schuldenkette, mit der Entwicklungsländer gefesselt sind. „Schuldentilgung jetzt,“ skandierten die Demonstranten, die aus allen Teilen des Landes gekommen waren.

Kirchliche Gruppen wie die acht älteren Damen der Liga für Nächstenliebe, die für zwei Tage aus Cincinnati in Ohio gekommen waren und nach Auflösung der Menschenkette vor einem blühenden Azaleenbusch mit der Kuppel des Capitols im Hintergrund fotografiert werden wollten, verbündeten sich mit ein paar tausend Studenten und etwa 1.500 Gewerkschaftlern. Die Arbeitervertreter setzten sich für einen Schuldenerlass ein, weil Schulden in den Worten ihres Vorsitzenden John Sweeney die Schuldnerländer dazu zwingen, Kapital aus Gläubigerländern mit schlechten Arbeitsbedingungen und niedrigen Löhnen anzulocken: „In Äthiopien sterben jährlich 100.000 Kinder, während die Regierung des Landes viermal so viel Geld für Schuldentilgung ausgibt wie für die Gesundheitsversorgung“, sagte er vor dem Capitol. Sogar Präsident Bill Clinton schickte einen Brief an die Demonstranten, in dem er die Graswurzelinitiative lobte.

Die Demonstration vor dem Sitz des amerikanischen Parlaments, das den von Clinton letzten Herbst vollmundig versprochenen Schuldenerlass genehmigen muss, ist Auftakt zu einer ganzen Woche von Veranstaltungen. Sie werden die am kommenden Wochenende in Washington stattfindende Frühjahrstagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds vorbereiten und begleiten. Zwar bestehen die Teilnehmer des „Jubiläums 2000“ darauf, dass sie mit denen nichts zu tun haben wollen, die Washington in ein zweites Seattle verwandeln wollen, doch so deutlich waren die Linien am Sonntag nicht zu ziehen. Etliche Organisatoren der „Mobilization for Global Justice“ mischten sich unter die Demonstranten auf der sonntäglichen Mall, dem Grünstreifen vor dem Capitol, der wochenends in der Regel Volleyballspielern und Kindern mit ihren Drachen vorbehalten ist.

Die geplanten Veranstaltungen reichen von Teach-ins, Mahnwachen, Straßentheater bis zu dem angekündigten Versuch, die beiden Konferenzen am Sonntag und Montag zu verhindern. Anders als in Seattle, wo Demonstranten im letzten Herbst die Innenstadt lahm legten und zeitweilig den Zugang zur Welthandelskonferenz blockierten, rekrutiert sich das Widerstandspotenzial in Washington aus Gruppen mit langjähriger politischer Erfahrung in der Hauptstadt, wo jede Umwelt-, Protest- und Menschenrechtsgruppe ihr Büro, ihren Apparat und ihre Lobbyisten hat. Wie in Seattle werden die Aktionen ein lockeres Bündnis aus Gewerkschaften und Umweltgruppen, Studenten und kirchlichen Gruppen, Altlinken und Grünen zusammenbringen.

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