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: Ganz seltsam

„Jenseitsreisen“

(Mi., 19 Uhr, arte)

Jaja ... ja doch, wir wissen nicht, warum und wieso! Aber ein Wort haben wir trotzdem dafür. „Nahtod-Erfahrungen“ nämlich nennt sich jene Ungereimtheit, von der wir alle schon mal gehört haben: wenn unsereins kurz vorm Wegsterben plötzlich in einen hell erleuchteten Tunnel einzuschweben glaubt usw., weswegen unsere Urahnen Gott erfanden.

Und weil sich solche „Jenseitsreisen“ bis in unsere rest- und ersatzreligiöse Epoche haben retten können, hat der Filmautor Joachim Faulstich für die arte-Doku allerlei Betroffenen- und Experten-Interviews, OP-Bilder, unaufdringlich nachgestellte Szenen oder auch blaustichig-alberne Fantasylandschaften aneinandergereiht – und es dauerte nicht lange, da schwafelte auch schon die erste Nahtod-Erfahrene mit stolzem Ufo-Entführungstonfall darüber, so was selten Tolles erlebt zu haben: „Weltenlandschaften“, „Erlebnislandschaften“ und „eine Mischung aus aller Liebe, die es geben kann, und allen Wissens, das es geben kann ...“ – „Bei Sauerstoffmangel“ hieß es wenig später nüchtern aus dem Off, „reagieren die Nervenzellen in der Sehrinde des Gehirns chaotisch und erzeugen den Eindruck von Licht. Im Zentrum des Sehfeldes liegen mehr Zellen, also erscheint das Zentrum heller – der Eindruck von Bewegung im Tunnel könnte entstehen.“

Und beides macht deutlich, dass der hefegelbe Brei unter unserer Schädeldecke eine ganz, ganz seltsame Sache ist. Wer allerdings jemals halluziniert hat (oder geträumt), wundert sich ohnehin über gar nix mehr. Höchstens darüber, dass die dankenswert diesseitige „Jenseitsreisen“-Doku sich doch noch einen tröstlichen „Leben nach dem Tod“-Ausblick gönnte.

Aber der Alternativvorschlag, es doch einfach selbst herauszufinden, war unmittelbar nach „Sandmännchen“ für Kinder und Jugendliche nicht geeignet und bleibe meinethalben auch an dieser Stelle unerwähnt. CHRISTOPH SCHULTHEIS