: Zumthor darf bis zum Sommer weiter zeichnen
SPD-Bausenator Strieder will schnelle Entscheidung über die Zukunft der „Topographie des Terrors“. Diepgen mobbt Architekten
Über den Weiterbau der NS-Gedenkstätte „Topographie des Terrors“ soll noch vor der parlamentarischen Sommerpause entschieden werden. Bausenator Peter Strieder (SPD) und der Schweizer Architekt Peter Zumthor haben sich nach einem Gespräch darauf verständigt, nach Lösungen zur Kostenreduzierung bei dem Dokumentationszentrum zu suchen.
Zugleich soll Zumthor die Konstruktion der fragilen Stabwerksfassade aus hunderten schmaler Betonstelen überarbeiten. Mit dem Treffen nahmen Strieder und Zumthor wieder ihre Verhandlungen auf, die nach dem Beschluss des Haushaltsausschusses, dem Bauvorhaben keine zusätzlichen Gelder zu genehmigen, ins Stocken geraten waren.
Nach dem Streit um die Finanzierung des Bauwerks, dessen Kosten von 36 Millionen auf 45 Millionen und schließlich auf geschätzte 70 Millionen Mark gestiegen sind, hatten die Haushälter des Landes sich geweigert, höheren Investitionsmitteln zuzustimmen. Zumthor hatte daraufhin in der vergangenen Woche dem Senat vorgeworfen, das Gedenkstättenprojekt kippen zu wollen. Außerdem drohte er, „überhaupt keine Kompromisse mehr“ bei seinem Entwurf eingehen zu wollen.
Für die Bauverwaltung, sagte Strieders Sprecherin Petra Reetz, bestehe kein Grund, sich trotz der aufgetretenen Probleme von der „Topographie des Terrors“ zu verabschieden. Reetz: „Das Thema bleibt an erster Stelle.“ Nach den internen Gesprächen habe man verabredet, Zumthor eine Frist für die Überarbeitungen zu geben. Außerdem wolle Strieder dem Parlament in den kommenden Monaten – „aber noch vor der Sommerpause“ – eine Vorlage präsentieren, um den Weiterbau der Gedenkstätte auf dem Gelände des früheren Gestapo-Hauptquartiers zu sichern.
Reetz wies zugleich die Aussag des Architekten zurück, er habe schon frühzeitig die Kosten auf rund 70 Millionen Mark als realistisch eingeschätzt. Reetz: „Herr Zumthor hat wohl vergessen, dass er einen Vertrag über 45 Millionen Mark unterschrieben hat.“
Während der kulturpolitische Sprecher der PDS-Fraktion, Wolfgang Brauer, den „unverzüglichen Weiterbau auf der Grundlage des Zumthorschen Entwurfs“ forderte, goss Eberhard Diepgen (CDU) gestern erneut Öl ins Feuer. In einem Interview des Tagesspiegels wollte Diepgen nicht ausschließen, dass angesichts der hohen Baukosten „eine Umplanung und Veränderung hinsichtlich der Verantwortung des Architekten vorgenommen werden muss“. Das Land dürfe sich nicht von Zumthors kompromissloser Haltung erpressen lassen. Außerdem forderte Diepgen eine Abstimmung zwischen den NS-Gedenkstätten „Topographie des Terrors“ und dem „Haus der Information“ auf dem Gelände des geplanten Holocaust-Mahnmals. ROLF LAUTENSCHLÄGER
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen