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leben in funnyland yves eigenrauch darüber, teil des gewichts zu sein

„SONNE“ GEFÄLLT MIR BESSER

die leistungsdichte der spieler der bundesliga hat zugenommen. ausnahmespieler sind eher die seltenheit. mehr und mehr steht die athletik des spielers der durchschnittlichen technik gegenüber. jede mannschaft besitzt ihre eigenen qualitäten. nicht vorhandene spielerische qualität wird durch ein mehr an einsatz ausgeglichen. heute, ebenso wie es auch vor jahren der fall war. mangelde erfahrung des teams wird durch das ürsprünglichste des fußballs, den willen, ausgeglichen.

einmal wurde ich gefragt, was ich denn von den saturierten spielern der liga hielte. ich konnte mit dem begriff nichts anfangen. heute weiß ich, was saturiert ist! auch ich muss gegen den zustand der selbstzufriedenheit ankämpfen. nicht immer, aber häufig stellen sich fragen. ist es nicht zum problem der gesellschaft geworden, dass zu viele menschen unangenehmen situationen lieber aus dem weg gehen, sich selbst die nächsten sind? ich! eins, zwei, drei, vielleicht auch vier. wir! mehr nicht! oft wird ausgeführt, dass teile der gesellschaft exemplarisch für dieselbe gesehen werden dürfen. sicherlich trifft das auch auf lizenzspieler zu. sie sind menschen wie du und ich.

nicht vergessen: erfolg stellt sich selten bis nie von allein ein. zuweilen ist harte, auf jeden fall aber langwierige arbeit erforderlich. auf dem weg dorthin, wo wir jetzt stehen, wurde uns nichts geschenkt. eine frage der sichtweise! ist die oma-tischdecke, auf der das powerbook im augenblick steht, nun hässlich oder schön? lassen wir sie lieber schön sein. um der freude willen. back. selbstzufriedenheit!

schätze sich glücklich, wer ein korrektiv hat. wir spieler und verantwortlichen haben wenige. häufig wird uns eher mit falscher ehrfurcht begegnet, auf jeden fall mit zu großem respekt. oder ist es eher schleim? schleim!? schleim! wie toll erscheint es mir daraufhin, kontakt zu den fans zu erhalten. zugegeben, freiwillig fahre ich zu keinem treffen eines clubs. liegt allerdings eher daran, dass ich recht kontaktscheu bin. ändert allerdings auch nichts an der eigentlichen tatsache. ist „allerdings“ nicht eine schöne aneinanderreihung von buchstaben. „sonne“ gefällt mir besser. oder auch „gelsenkirchen“. „aus“ nicht zu vergessen!

fanclubtreffen: bekleidete frauen, männer und kinder. vereinstrikots, t-shirts, hemden, s04-caps, jeans, stoffhosen, und immer wieder s04; ehrlich. und glanz in den augen; ehrlich. schwer umschreibbar erscheint mir das wahrgenommene; die bedeutung des vereins für die einzelne. groß, riesig, glaublich! nicht, dass ich die gewichtung persönlich teile, nein, toll ist es vielmehr, teil des gewichts zu sein. spüre ich die emotion, so weiß ich, dass ich mich im nächsten spiel noch mehr bemühen muss und will, gut und erfolgreich zu spielen. im zweifelsfall dann doch eher erfolgreich. uneigennützig bin ich nicht. auch kein söldner.

nun sitze ich zum mehr als zweihundertsten mal in einer umkleidekabine, das maul des stadions ist schon geöffnet. wird es mich verschlucken, oder werde ich die füße richtig schwingen können? ich möchte das in mich gesetzte vertrauen bestätigen; übergehe, dass ich mich körperlich nicht wohl fühle; denke auch nicht daran, dass ich im letzten spiel zweimal über den ball gehauen habe. der platz war schuld. im zweifelsfall immer. oder der ball. auch immer. vielleicht aber auch ich selbst. meistens. so schlecht kann ich ja nicht sein. hätte ich sonst fast immer, wenn ich spielfähig war, gespielt? wohl kaum. ja, das muntert mich doch auf. ich bin gut! und, um es nicht zu vergessen, auch auf die gefahr hin, mich zu wiederholen: ich spiele fußball.

Autorenhinweis:

yves eigenrauch, 28, ist fotokünstler und angestellter von schalke 04 und stellt als solcher fest, dass auch fußballprofis nur menschen sind.

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