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Kampfhunde! Euch solls nicht ewig geben

Der Senat will die Zucht und Haltung von Kampfhunden verbieten. Doch in der CDU-Fraktion ist die Rasseliste umstritten. Auch PDS und Grüne dagegen: Besitzer weichen auf andere Rassen aus

von DOROTHEE WINDEN

Der Senat will ein landesweites Haltungs- und Züchtungsverbot für Kampfhunde einführen. Ein entsprechender Gesetzentwurf, der auch eine Liste verbotener Hunderassen enthält, soll bereits Anfang Juni vorgelegt werden, erklärte Gesundheitssenatorin Gabriele Schöttler (SPD) nach der gestrigen Senatssitzung. Für bereits angeschaffte Hunde werde es eine Übergangsfrist von mehreren Jahren geben. Offen sei noch, ob es auch einen generellen Leinenzwang für Hunde geben werde. Auch die CDU-Senatoren tragen das Vorhaben mit, erklärte Schöttler auf Nachfrage. Vor anderthalb Jahren war das Verbot bestimmter Hunderassen an der CDU gescheitert.

Die Zustimmung der CDU-Fraktion ist jedoch weiterhin fraglich. „Wir haben keinerlei Verpflichtung, den Senatsbeschluss nachzuvollziehen“, sagte der CDU-Abgeordnete Uwe Goetze gestern und stellte eine „interessante Debatte“ in Aussicht.

„Die Hälfte der Fraktion ist gegen die Einführung einer Verbotsliste, weil sie nicht praktikabel ist“ sagte Goetze. Zum einen könnten die Züchter eine Hunderasse „scharf züchten“, die noch nicht auf der Liste stehe. Diese müsse dann ständig erweitert werden. Das zweite Problem sind die Mischlinge, die die Hundebiss-Statistiken anführen. Sie sollen zwar auch von der Verbotsliste erfasst werden, doch ist es in der Praxis sehr schwierig, den Kampfhundanteil des Tieres nachzuweisen.

Die Gegner einer Verbotsliste werden sich auch durch die Ergebnisse einer kürzlich von der CDU initierten Anhörung zum Thema Kampfhunde bestärkt fühlen. Die eingeladenen Tierärzte, Züchter und Verbandsvertreter waren der Ansicht, dass Verbotslisten nichts bringen, bestätigte gestern Goetze. Jeder Hund könne gefährlich werden, wenn er nicht artgerecht gehalten oder auf Angriff dressiert werde.

Politisch zeichnet sich eine seltene Allianz ab: Teile der CDU, PDS und Grüne sind einmütig gegen das Verbot bestimmter Hunderassen. „Das ist keine Lösung“, sagte der PDS-Abgeordnete Gernot Klemm. Die Hundebesitzer, die sich den Hund als Waffe halten, würden auf andere Hunderassen ausweichen, beispielsweise auf Schäferhunde oder Riesenschnauzer.

In Frankfurt/Main hätte nach dem 1997 eingeführten Verbot von Kampfhunden die Zahl der Bisse durch Kampfhunde abgenommen, die Hundebisse hätten insgesamt aber zugenommen, stellen Klemm und die grüne Abgeordnete Claudia Hämmerling unisono fest. In Berlin gibt es rund 130.000 Hunde. Die Zahl der Beißattacken ist von 1.500 jährlich auf 1.762 im Jahr 1998 gestiegen.

Das Verbot bestimmter Hunderassen suggeriere eine falsche Sicherheit, sagte Klemm. Das eigentliche Problem seien die Hundehalter, die nicht richtig mit den Hunden umgingen. Dies berücksichtige die Große Koalition in keiner Weise.

PDS und Grüne hatten in den letzten Monaten eigene Gesetzentwürfe vorgelegt, die vor allem auf einen Hundeführerschein für die Halter abzielen. Der Entwurf der Grünen, mit dem sich der Senat gestern befasste, wurde Schöttler zu Folge als „zu bürokratisch“ abgelehnt.

Der Ansatz, beim Hundehalter anzusetzen, findet auch in der CDU-Fraktion Anklang. Es müsse beispielsweise geprüft werden, ob die Wohnung groß genug für den Hund sei, sagte Goetze. Auch den Hundeführerschein bezeichnete er als eine „interessante Idee“. Denkbar sei auch eine obligatorische Haftpflichtversicherung für Besitzer von Kampfhunden.

Auffällig ist der zeitliche Zusammenhang des Senatsvorstoßes mit einer seit Tagen andauernden Kampagne der Springerzeitungen Bild und BZ. Beide Blätter hatten für die Einführung einer höheren Hundesteuer für Kampfhunde agitiert, die Finanzsenator Peter Kurth (CDU) wegen des zu hohen Verwaltungsaufwandes verworfen hatte.

Schöttler bekräftigte gestern, dass höhere Steuern für Kampfhunde das Problem nicht lösten. Schließlich drücke sich ein Drittel der Hundebesitzer schon vor der Hundesteuer. Ein neues Gesetz mache nur Sinn, wenn zugleich die Umsetzung sichergestellt werde, betonte Schöttler daher. Doch ist sie sich auch der Grenzen bewusst: „Ein Gesetz, so scharf es ist, verhindert keinen Hundebiss.“

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