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„Wir nehmen jeden auf“

BKK-Verbandsvorstand Karl-Dieter Voß über den freien Krankenkassenmarkt

taz: Herr Voß, die Vertreter der großen Kassen werfen Ihnen vor, nur Junge und Gesunde in die BKK zu locken.

Karl-Dieter Voß: Bei den BKK sind sehr viel mehr Rentner versichert als bei Ersatzkassen. Richtig ist, dass einzelne BKKs einen sehr geringen Rentneranteil haben.

Sie nehmen auch Alte und chronisch Kranke auf?

Natürlich. Die BKK muss, wenn sie für die Allgemeinheit geöffnet ist, jeden aufnehmen.

Ältere sind weniger bereit, ihre Kasse zu wechseln. Sind Sie nicht zur Solidarität, zum Beispiel mit den Ortskrankenkassen, verpflichtet?

Wir müssen aufgrund dieser Tatsache mehr Mittel in den gemeinsamen Risikostrukturausgleich einzahlen. Wir zahlen inzwischen über 5 Milliarden Mark ein. Vor einem Jahr waren es 3,3 Milliarden.

SPD-Gesundheitspolitiker wollen die Errichtung neuer und die Öffnung bereits bestehender BKKs vorübergehend untersagen. Was halten Sie davon?

Das ist mehr als fragwürdig. Dieselben Politiker haben uns vor wenigen Jahren aufgefordert, alle BKKs zu öffnen. Inzwischen ist der größte Teil der Kassen übrigens bereits für alle offen, und es gibt kaum Neugründungen.

Ihre Mitgliedskassen bieten die gleichen Leistungen preiswerter an. Wird dafür am Service gespart?

Wir arbeiten wirtschaftlicher. Trotzdem haben wir ein sehr dichtes Geschäftsstellennetz: Über 1.000 Geschäftsstellen und über 3.000 Betreuungsstellen. Daneben setzen wir natürlich auf Internet und Telefon.

Ihr Tipp für die Konkurrenz?

Ich empfehle mehr Selbstvertrauen. Sie sollten ihre Verwaltungskosten senken und bessere Versorgungsmodelle entwickeln, anstatt nach der Politik zu rufen.

Wie könnte ein besseres Versorgungsmodell aussehen?

Die BKK Berlin hat zum Beispiel ein neues Management mit bemerkenswerten Ergebnissen. Sie schreibt jetzt schwarze Zahlen, weil sie zum Beispiel die Verträge zur häuslichen Krankenpflege umgestellt hat und ein konsequentes Kostenmanagement betreibt – ohne dabei ihren gesundheitspolitischen Auftrag zu vernachlässigen.

Interview: TINA STADLMAYER

Fotohinweis:Karl-Dieter Voß, Verbandsvorstand der Betriebskassen FOTO: BKK

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