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Von Frieden will Putin nichts hören

Tschetscheniens Präsident Maskhadow ruft einseitig den Waffenstillstand aus. Russlands Premier bestätigt Friedensangebot vor einem Monat, ist aber nicht sonderlich interessiert. Putin nennt Maskhadow einen Kriminellen

MOSKAU ap/afp ■ Ungeachtet eines von den Tschetschenen einseitig ausgerufenen Waffenstillstands halten die Kämpfe in der Kaukasusrepublik unvermindert an.

Der tschetschenische Präsident Aslan Maskhadow hat nach eigenen Angaben einen einseitigen Waffenstillstand angeordnet. Er erklärte am Freitag in einem Interview der Zeitung Kommersant, dies sei Teil eines Plans für eine friedliche Beilegung des Konflikts, den er Moskau vorgeschlagen habe. Die Behörden in Moskau erklärten, der Waffenstillstand sei mit ihnen nicht abgestimmt. Gleichzeitig wurden in Russland Zweifel laut, ob Maskhadow die etwa 3.000 Separatisten in der Kaukasusrepublik tatsächlich unter Kontrolle hat.

Der russische Präsident Wladimir Putin erklärte nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax, er sei auf Gespräche mit Maskhadow vorbereitet, aber nur, wenn er die Rebellen zur Aufgabe zwinge. Maskhadow sei zwar in den Augen Russlands ein Krimineller, er könne jedoch von dem bestehenden Amnestiegesetz profitieren. Putin wiederholte die Bedingungen der Regierung für Friedensgespräche mit Tschetschenien. So müssten alle Rebellen aufgeben, russische Geiseln freigelassen und die für die Attentate auf russische Wohnhäuser Verantwortlichen festgenommen werden.

„Maskhadow erklärt sich immer zu allem bereit und tut nie etwas“, sagte Putin. Maskhadow erklärte in dem Interview, praktisch alle Separatisten gehorchten seinem Kommando und führten seine Anweisungen aus. Der russische General Georgi Schpak, der Kommandeur der Luftwaffe in Tschetschenien, bezweifelte diese Aussage am Freitag. Er erklärte, der tschetschenische Kommandeur Schamil Bassajew und der als Chattab bekannte Milizführer kontrollierten in Wahrheit die meisten der 3.000 Rebellen, wie Interfax berichtete. Maskhadow kommandiere höchstens 300 bis 400 von ihnen. Kreml-Sprecher Sergej Jastrschembski erklärte, Geheimdienstberichte bestätigten, dass Maskhadow kaum Kontrolle über die Rebellen habe.

Die russischen Streitkräfte nutzten unterdessen die Feuerpause, um sich im Süden und Südwesten Tschetscheniens neu zu formieren, wie Interfax unter Berufung auf das Militärkommando berichtete. Die größten Truppenbewegungen sollen der Agentur zufolge zu Beginn der kommenden Woche stattfinden, wenn Russland eine Operation beginne, um die Gruppen unter Führung von Bassajew und Chattab zu vernichten.

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