: „Liebe taz...“ Ostern: Is nix mit Astarte
Betr.: „Wer legte Jesus Christus das Ei ins Grab?“, taz bremen, Oster-Ausgabe anno domini 2000
Dass ich das noch erleben durfte: Die taz und Bremens Bibelforscher im Schlepptau der Nazis! Wieso? Na, lesen Sie mal! „Bis um die Mitte dieses Jahrhunderts (des 20.) war – die von den Nazis geförderte – Auffassung verbreitet, das Wort Ostern leite sich von einer germanischen Frühlingsgöttin ,Ostara' ab. Inzwischen ist wissenschaftlich geklärt, dass die Ostara unbewiesen ist.“ (B-Huberti: Feier, Freiburg 1998)
Das scheint sich allerdings noch nicht beim allen Brauchtumsforschern herumgesprochen zu haben. Vor allem nicht unter jenen, die ohne rot zu werden, zum Beispiel die bremische Kohl- und Pinkelfahrt auf ein römisches – auch was „heidnisches“, das diffarmiert besser – Bacchanal zurückführen könnten. An sich müsste diese Sorte von „Forschern“ spätestens seit Ende der Nazizeit ausgestorben sein. Nur, der taz-Artikel zeigt: Es gibt sie noch, und sie beten den Nazikram nach, ohne mitzukriegen, dass die damit die christlichen Feste und Bräuche „entjuden“ bezieh-ungsweise germanisieren wollten.
Dabei ist die Genese des Osterfestes denkbar einfach: Es basiert auf dem jüdischen Pesachfest, und das feierte man wegen der Errettung der Juden aus der Knechtschaft Ägyptens. Das dürfte auch jedem klar sein, der dem Papst mal zu Ostern beim Urbi-et-Orbi-Segen zugeschaut hat. Der grüßt viele Nachbarländer mit „Bona Pasqua“, „Bonne Paque“ etc..
Weshalb die ollen Germanen für dieses herkunftsmäßig eindeutig belegte Fest ausgerechnet eine – nicht vorhandene – Göttin bemüht oder gar im fernen Babylon Anleihe gemacht haben sollten, bleibt das Geheimnis von „Historikern“ wie Alexander Hislop. Einleuchtender ist da schon, dass Ostern von „Eostro“ kommt. Das taucht zum ersten Mal bei Beda Venerabilis (674-735) auf. Es bedeutet Morgenröte, kommt vom Lateinischen „aurora“, mutierte im Alt-Hochdeutschen zu „ostarum“ und im Alt-Englischen zu „eastron“. Die Verbindung zum Osterfest schafft Hippolyt: „Nemo igitur illa noctre dormiat usque ad auroram“. Zu deutsch: „Niemand soll in dieser Nacht schlafen, sondern wach bleiben bis zur Morgenröte.“ Und in dieser Zeit der Morgenröte findet auch heute noch in vielen katholischen Kirchen die Feier der Oster-nacht statt. In der spielt weder das Ei noch der Hase eine Rolle, sondern das Licht der Osterkerze und das Symbol des Taufwassers.
Is also nix mit Astarte und den „obszön vergrößerten Geschlechtsteilen“. Unser bibelforschender Bedenkenträger kann sein „Angewidertsein“ ruhig beenden, zumal der vorübergehend als „Satansbraten“ geächtete Hase vom Mailänder Bischof Ambrosius wegen seines Fellwechsels mit Berufung auf 1 Korinther 15,51 zum Auferstehungssymbol geadelt wird und das Ei seit Menschengedenken, zumindest aber seit den ollen Ägyptern, das Auferstehungssymbol par exellence ist. Wilhelm Tacke
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